Auch unbescholtene Bürger, die keiner Straftat verdächtig sind, sollen künftig in Polizei-Dateien gespeichert werden dürfen. In dem von der Bonner Koalition geplanten Paket von sieben Sicherheitsgesetzen befindet sich, ohne jede Begründung ein folgenschwerer Einschub in die Strafprozeßordnung (StPO): Der neue Paragraph 163 d sichert«, so der Staatssekretär im hessischen Innenministerium, Andreas von Schoeler (SPD), »eine Schleppnetz-Fahndung gesetzlich ab, die bisher nicht praktiziert wird und überflüssig ist«.
Vordergründig ersetzt die Einfügung in die StPO die ursprünglich im Personalausweisgesetz (PAG) vorgesehenen Vorschriften über die »Polizeiliche Beobachtung«, bei der, in Form von »Bewegungsbildern«, Erkenntnisse über die Reisewege »gefährlicher Intensivtäter« gewonnen werden. Tatsächlich weitet jedoch die neue Formulierung die Befugnisse der Polizei über diesen Zweck erheblich aus.
Gegenüber dem bisherigen PAG-Entwurf enthält die StPO-Ergänzung »drei entscheidende Verschlechterungen« (Schoeler): *___Im Zusammenhang mit dem ma schinenlesbaren ____Personalausweis wären die Kontrollen faktisch auf ____Grenzübertritte beschränkt wor den; jetzt sollen bei ____jeder beliebi gen Kontrolle im Inland »die Identität ____von Personen sowie die Umstände ihres Antreffens« in ____Dateien gespeichert werden. *___Der PAG-Entwurf sah vor, daß die »Polizeiliche ____Beobachtung« von einem Richter, nur aus nahmsweise von ____einem Staatsan walt angeordnet werden sollte; zur ____Jedermann-Erfassung kann der Staatsanwalt nun, »bei ____Gefahr im Verzug« aber auch jeder Poli zist ____ermächtigen. *___In der alten Fassung hätten die gewonnenen Daten ____"spätestens drei Monate nach Beendigung der Maßnahme« ____gelöscht werden müssen; nun soll dies erst gesche hen, ____"sobald sie für das Strafver fahren nicht oder nicht ____mehr be nötigt werden«.
Während Kontrollstellen bislang nur im Zusammenhang mit terroristischen Straftaten oder besonders schweren Verbrechen eingerichtet werden dürfen, sollen sie künftig bei rund siebzig Deliktarten (z.B. Anstiftung zum militärischen Ungehorsam) möglich sein. Die dabei gespeicherten Erkenntnisse dürfen hinterher, losgelöst vom ursprünglichen Fahndungsanlaß, von der Polizei weiterverwendet werden - »zur Verfolgung« irgendeines anderen Verbrechens oder bei »unerläßlichem öffentlichen Interesse« sogar eines Vergehens.