»Das Ding geht leicht mal in die Knie«
Bei der Abgas-Katalyse geht es um den Einsatz von Substanzen, die bei anderen Stoffen Reaktionen bewirken, ohne sich dabei selbst zu verbrauchen. Schadstoffe im Abgas, die aus vielerlei Gründen der Verfeuerung im Motor-Brennraum entgehen können, sollen durch die Katalysatoren gleichsam bei einer zweiten Verbrennung in harmlose Substanzen umgewandelt werden.
Nach vergleichsweise primitiven Erstlingsgeräten, die nur auf einzelne Schadstoffe wirkten, haben die Ingenieure mittlerweile Abgas-Entgifter der zweiten Generation entwickelt. Als technisch besonders praktische Lösung, die sich im Entgiftungseinsatz bereits bewährt hat und von den meisten Autowerken favorisiert wird, gilt der Dreiweg-Katalysator (siehe Graphik). Er kann als einziger gleichzeitig, quasi in einem Arbeitsgang, einen großen Teil der drei schlimmsten Schadstoffe - Kohlenmonoxid, unverbrannte Kohlenwasserstoffe und Stickoxide - unschädlich machen.
Als nachteilig schlägt dabei der erforderliche Materialaufwand zu Buch. Denn die in einem Mantel aus Metall und Keramik verborgenen Katalysator-Substanzen enthalten - wenn auch in relativ geringen Mengen - teure Edelmetalle wie Rhodium, Palladium und Platin.
Wirtschaftlich ungünstig wirkt sich auch ein für die einwandfreie Funktion des Katalysators unabdingbarer technischer Zwang aus: Dem Motor muß, ob im Leerlauf oder bei Vollgasfahrt, stets ein gleichbleibendes »Sollwert«-Gemisch aus Kraftstoff und Luft zugeführt werden. Eine unmittelbar vor dem Katalysator in den Abgasstrom ragende Sauerstoff-Sonde, die von Bosch entwickelte Lambda-Sonde, sorgt für die Einhaltung dieses Gemisch-Sollwerts. Ein durchschnittlich zehnprozentiger Leistungsverlust und ein um zehn Prozent höherer Verbrauch sind, nach den Erfahrungen der Ingenieure, der Preis dieser fixen Gemisch-Einstellung.
Hinzu kommt, daß weder die Sauerstoff-Sonde noch der eigentliche Abgas-Katalysator des Dreiweg-Typs bleihaltiges Auspuffgas vertragen. In der Bundesrepublik, wo aus Gründen der Funktionssicherheit ("Klopfbremse") hierzulande gebräuchlicher, hochverdichteter Motoren dem Kraftstoff geringe Mengen Blei - in einer im Vergleich zu den meisten Ländern niedrigen Dosis von 0,15 Gramm pro Liter - zugesetzt werden, muß mithin mit Einführung des Abgas-Katalysators bleifreies und damit wohl teureres Benzin verfügbar sein.
Da das Innenministerium den Ingenieuren der Autoindustrie bisher keinerlei Rahmenbedingungen wie etwa geforderte Schadstoff-Grenzwerte oder Meßverfahren für die ab 1986 gültige Abgas-Entgiftung genannt hat, läßt sich noch nichts Endgültiges über die Mehrkosten und eventuelle zusätzliche technische Probleme eines Katalysator-Autos sagen. Experten schätzen, daß sich die Anschaffungspreise für die 379 verschiedenen deutschen Automodelle durch einen Katalysator um durchschnittlich 1200 Mark verteuern werden.
Für die Dauer seiner Nutzung, in den USA 80 000 Kilometer, bedarf der Katalysator »keinerlei Wartung«, so ein Sprecher des deutschen Katalysator-Herstellers Degussa AG. Durch »höheren motorseitigen Aufwand« ließe sich die Lebensdauer sogar auf 120 000 Kilometer steigern. Die Funktionskontrollen sollen in die üblichen TÜV-Intervalle einbezogen werden.
Völlig ungewiß scheint jedoch zu sein, ob und wie lange der bleiempfindliche Edelmetall-Einsatz im Auspuffsystem einen »Diät-Fehler« verkraftet, dessen Folgen dann drohen, wenn verbleiter Kraftstoff in den Tank gerät. Denn wegen der vielen Altwagen wird es im Bundesgebiet mindestens bis 1996 (im europäischen Umland vermutlich noch länger) auch noch Zapfsäulen für bleihaltigen Kraftstoff geben.
Ein durchschnittlicher Autofahrer, so erläuterten Degussa-Ingenieure, »verspürt nichts, wenn der Katalysator seinen Geist aufgibt«. Wie lange die Apparatur einer Bleivergiftung widersteht, hängt ab vom Bleigehalt des Kraftstoffs, von der Fahrweise des Fahrers ("forsch« schadet zusätzlich), vom gesamten System und von der Qualität des Katalysators.
Schlecht wirkende Katalysatoren halten die Tortur länger aus. Manche schafften bei Tests sogar 10 000 Kilometer, aber eben nur, weil sie als Entgifter ohnehin nicht viel taugten. »Das Ding«, so der VW-Katalysator-Experte Winfried Bernhardt über die Anfälligkeit der Apparaturen, »kann unter Umständen sehr schnell in die Knie gehen, dann ist das ganze Geld im Eimer.«
Ein Wunderhebel, mit dem der Fahrer per Bypass-System nach Belieben schadlos auf Blei-Betrieb umschalten könnte, gehört in den Bereich des Wunschdenkens. Doch auch die schon heute bleifrei fahrenden Diesel-Chauffeure, die von dem für 1986 verfügten Katalysator-Verdikt ausgenommen sind, sollen über kurz oder lang kräftig zahlen für die Entgiftung des von ihnen verursachten Drecks.
Zwar belastet der Dieselmotor aufgrund seiner besonderen Arbeitsweise die Umwelt nur mit geringen Mengen Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffen und Stickoxiden. Aber die Rauchteilchen seines Qualms gelten als krebserregend. Sie sollen daher von 1987 an durch einen recht wartungsaufwendigen Rußfilter aufgefangen werden.
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GASMASKE FÜR DEN AUSPUFF Wirkungsweise eines Dreiweg-Katalysators für Ottomotoren Die aus den Verbrennungsräumen des Motors kommenden Abgase passieren vor dem Katalysator eine Meßsonde ("Lambda-Sonde"), die für einen gleichbleibend hohen Sauerstoffanteil im Gemisch sorgt. Beim Durchströmen des »Dreiweg«-Katalysators wird der überwiegende Teil der Schadstoffe in harmlose Bestandteile umgewandelt: Kohlenmonoxid (CO) und Kohlenwasserstoffe (HC) in Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2 O), Stickoxide (NOx) in Stickstoff (N2). Vom Motor kommende ungereinigte Abgase (enthalten CO, HC und NOx) »Lambda-Sonde« Katalysator-Waben (meist aus Keramik,) enthalten in Kugel-oder Wabenform die Katalysator-Substanzen Platin, Palladium und Rhodium. Gereinigte Abgase (enthalten CO2, H2 O und N2)
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