Das Dream Team
Leider war der andere Bill verhindert, jener, der Präsident ist und den Bill Gates gelegentlich im Urlaub auf der Ferieninsel Martha's Vineyard besucht und mit ihm über Golfspiel und Golfkrieg fachsimpelt.
So lud der Microsoft-Chef, reichster Unternehmer der Welt (36,4 Milliarden Dollar Privatvermögen) und eine Art Sonnenkönig des Informationszeitalters, wenigstens den Vizepräsidenten der USA zum Abendessen mit mehr als hundert seiner besten Freunde aus der Industrie ein. Al Gore sagte begeistert zu und hielt eine vielbeklatschte Rede über die Pflicht der Topmanager, ihre Untergebenen zu fördern und auch für die öffentlichen Schulen zu spenden.
Der Technologie-Gipfel in der 50-Millionen-Dollar-Luxusvilla von Bill Gates am Lake Washington nahe Seattle im Mai war ein rauschender Erfolg: Die hohe Politik und das große Geschäft lieben sich in den USA. Nach dem offiziellen Teil vergnügten sich die Einflußreichen bis tief in die Nacht auf der Gates-Jacht »Emerald Star«.
In Hollywood und in die Filmindustrie ist US-Präsident Bill Clinton geradezu vernarrt. Vorneweg auf seiner Liste der liebsten Gäste im Weißen Haus steht (neben Barbra Streisand) Steven Spielberg.
Der Meisterregisseur mit dem goldenen Touch und der großen Bandbreite vom »Weißen Hai« über »E. T.« bis zu »Schindlers Liste« gehört zu den eifrigen Spendensammlern für die Demokratische Partei und gilt als einer der führenden Köpfe hinter den Pro-Clinton-Veranstaltungen von Hollywood. Der Oscar-Preisträger genießt nicht nur die größte Achtung der Cineasten, sondern zählt zu den einflußreichsten Produzenten - auch er ein Dollar-Milliardär.
Clinton ißt öfter bei Spielbergs zu Hause in Beverly Hills, und Spielberg darf, wenn er in Washington ist, im oberen Stockwerk des Weißen Hauses schlafen.
Dabei kommt der amerikanische Präsident im Hollywood-Film selten gut weg. Allein im letzten Jahr ereilten ihn diverse Leinwand-Katastrophen: Das Weiße Haus wurde in die Luft gesprengt ("Independence Day"), der Präsident ermordet ("Mars Attacks!") und zum Mordkomplizen gemacht ("Absolute Power"); in einem anderen Streifen versucht der Amtsinhaber, seine Vorgänger um die Ecke zu bringen ("My Fellow Americans").
Dennoch hat der leibhaftige Präsident selbst in einem Film mitgewirkt: Clinton spielt Clinton in einem Film über ein sterbendes Mädchen, dem er den letzten Wunsch erfüllt - einen Besuch im Oval Office. Zum erstenmal in der amerikanischen Geschichte durfte am politischen »Originalschauplatz« zu kommerziellen Zwecken gedreht werden.
Wer braucht wen mehr? Die Politik eher Hollywood und Silicon Valley oder umgekehrt?
Gates, 41, und Spielberg, 49, sind an der Medienfirma Dreamworks mitbeteiligt. Sie sind, wie die gesamte Unterhaltungsindustrie, darauf angewiesen, daß die Politik nicht mit zuviel Regularien in ihr weltweites Big Business eingreift. Und Clinton, 51, fördert die Kommunikationsindustrie, die weltweit enorm hohe Zuwächse hat. Außerdem sonnt er sich publikumswirksam im Ruhm der Medien-Mogule.
Zu dritt sind sie ein Dream Team, eine glückliche Symbiose aus Macht und Erfolg. In Hollywood spekuliert man, nur halb im Spaß, daß Bill Clinton im Jahr 2000 nochmals Präsident werden will - diesmal allerdings, nach zwei Amtsperioden im Weißen Haus, eines Filmstudios oder einer High-Tech-Firma.