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Das Knie vor dem Götzen nicht gebeugt

aus DER SPIEGEL 21/1947

Pastor D. Martin Niemöller kam zur gleichen Zeit wie Thomas Mann über den Ozean. Er hatte in Begleitung seiner Frau mehrere Wochen Amerika bereist und vor überfüllten Versammlungen gesprochen. - Der U-Boot-Kapitän und Freikorps-Kämpfer war vor 1933 ein Gegner der Republik und verurteilte das nationalsozialistische Gewaltregime nur, weil er die Kirchenpolitik der Nazis als gegen Gottes Gebot verstoßend betrachtete. Kompromißlos verbrachte er sieben Jahre im KZ., erklärte sich aber 1939 bereit, ein U-Boot zu übernehmen. - Nach seiner Befreiung predigte er die deutsche Kollektivschuld, in die er sich selbst mit einbezieht, weil er zwischen 1933 und 1937 nicht tatkräftig genug für die KZ-Opfer eingetreten sei. ("Ich hatte mir ein wenig dabei gedacht, soll ich meines Bruders Hüter sein, wenn er ein Gottloser und Kommunist ist?") - Frau Eleanor Roosevelt und die »Süddeutsche Zeitung« bestreiten Niemöllers politische Legitimation, die Präsidentenwitwe, weil er selbst ein Hitlerianer gewesen sei, die deutsche Zeitung, weil er mit seinem Schuldbekenntnis nicht im Namen der Deutschen spreche. Die in deutscher Sprache erscheinende New Yorker Zeitung »AUFBAU« spricht von einer »deutschen Friedensoffensive« und vergleicht die Niemöller-Reise mit dem Besuch Kurt Schumachers in England. Beide verkörperten das »andere Deutschland«. Denn: »Sie haben ihre Knie vor dem Götzen nicht gebeugt.«

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