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Hausmitteilung Datum: 10. Oktober 1966 SS

aus DER SPIEGEL 42/1966

Datum: 10. Oktober 1966 Betr.: SS

Auf die Frage, was ihr bei dem Doppelbuchstaben SS spontan einfällt, gab die 26jährige Frau S. zur Antwort: »Ich denke da an meine Tochter Sonja S. »Andere assoziierten auf die Frage, die ihnen in der letzten Woche das Meinungsforschungs-Institut »Ifak« im Auftrage des SPIEGEL stellte: Schnellschnitt-Stahl, Shell-Service, saure Sahne, Siemens-Schuckert, Sommersemester. Immerhin, 85 v. H. der Bundesbürger verbinden, der Repräsentativbefragung zufolge, mit dem Begriff SS irgendeine Organisation des Dritten Reiches - Gedanken an NS-Verbrechen (27 v. H. ) halten sich dabei die Waage mit Vorstellungen von Elite-Truppe und bewaffneten Verbänden (27 v. H.). SPIEGEL-Leser werden sich über die Ignoranz der Frau S. erhaben wissen, doch mögen sie die folgenden Fragen richtig zu beantworten versuchen:

»Hatte die Waffen-SS mit Konzentrationslagern zu tun?« (Richtige Antwort: Nein); »Wodurch unterschieden sich SD und Gestapo?« (Der SD war ein geheimer Nachrichtendienst, die Gestapo eine geheime Vollzugspolizei); »War Himmler, Heydrich oder Kaltenbrunner Leiter der Gestapo?« (Nein, keiner; die Gestapo leitete ein Heinrich Müller). Mit dem Begriff SS vereinbaren sich: Vorstellungen wie Abwehrkämpfe in den Ardennen; Namen wie Kaduk und Boger, aber auch Botschafter Dr.-Hans-Georg von Mackensen, SS-Ehrenführer im Range eines Gruppenführers; Titel und Ränge wie Höherer SS - und Polizeiführer, SS-Sturmbannführer im SD, Generaloberst der Waffen-SS, Kriminalkommissar und SS-Obersturmführer, Förderndes Mitglied; Institutionen wie Reichssicherheitshauptamt, Lebensborn-Heim, Gestapo-Leitstelle, Gesellschaft zur Förderung deutscher Kulturdenkmäler e. V. Die Literatur über die SS ist fragmentarisch und dürftig. Vorhandene Dokumentenbestände sind kaum zugänglich und noch nicht wissenschaftlich geordnet. Ein kundiger Pilot des SPIEGEL bei der Auffindung von Dokumenten war der politische Schriftsteller Joseph Wulf, der anerkannte Dokumentationen über Publizistik, Kunst und Literatur im Dritten Reich herausgegeben hat. Von Hinweisen und Übersichten Wulfs ausgehend, sichtete SPIEGEL-Redakteur Heinz Höhne in zweijähriger Arbeit auf Mikrofilmen etwa 70 000 Dokumente aus den Akten des Hauptarchivs der NSDAP und des persönlichen Stabs von Himmler. Seine unzähmbare Passion beim Dokumentenstudium am Film-Lesegerät hatte Heinz Höhne bereits in der SPIEGEL-Affäre bewiesen: Er stellte den angesehenen Platz des leitenden aussenpolitischen Redakteurs einem Kollegen zur Verfügung, um in gleichfalls zweijähriger Dokumentationsarbeit die Beweisunterlagen dafür zusammenzustellen, dass sämtliche Angaben im SPIEGEL-Artikel »Bedingt abwehrbereit« auch an anderer Stelle veröffentlicht worden waren. Höhnes SPIEGEL -Serie »Der Orden unter dem Totenkopf« wird nicht nur nach ihrem Umfang von insgesamt 16 Folgen die bedeutendste zeitgeschichtliche Dokumentation sein, die der SPIEGEL in nun fast genau 20 Jahren seines Erscheinens selbst erarbeitet hat. Neue SPIEGEL-Standards setzt, notabene, auch die drucktechnische Präsentation der Serie in diesem Heft: Bilder und Schrift sind im Kupfertiefdruck hergestellt, vom 1. April 1967 an wird der gesamte SPIEGEL in diesem Verfahren gedruckt.

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