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Hausmitteilung Datum: 15. August 1966 Unterschiede

aus DER SPIEGEL 34/1966

Datum: 15. August 1966 Betr.: Unterschiede

Auf seiner politischen Sonnabends-Seite vom 6./7. August verlor Springers »Hamburger Abendblatt« 14 Zeilen über die Erklärung Erich Mendes, dass die FDP unter Umständen auch mit der SPD gehen werde, 31 Zeilen hingegen darüber, dass Springers »Hör zu« in der neuesten Zeitschriftenleser-Analyse gut weggekommen sei. »Von Fachkreisen«, so hiess es im Eigenbericht des »Abendblattes« (fast gleichlautend auch in den Springer -Blättern »Die Welt« und »Berliner Morgenpost"), würden die neuen Leserschafts-Ergebnisse »als Sensation bezeichnet, denn sie zeigen im Vergleich zu den Vorjahren zum Teil erhebliche Verminderungen ... in der Gesamtleserschaft der einzelnen Publikationen pro Ausgabe«. Freilich, die Sensation war längst erwartet worworden, denn die »Arbeitsgemeinschaft Leseranalyse« (LA), ein eingetragener Verein von Verlagen und Werbeagenturen, hatte gegenüber dem Vorjahr ihr Untersuchungssystem geändert - mit der Folge, dass die Ergebnisse methodisch nicht mehr vergleichbar sind. Der Titelkopf des SPIEGEL etwa wurde bis zur LA 1965 den Befragten mit der Frage vorgehalten: »Haben Sie diese Zeitschrift innerhalb der letzten sieben Tage gelesen oder durchgeblättert?« Der Ja-Anteil wurde von 13 500 Befragten auf die Bundesbevölkerung umgerechnet und ergab im Vorjahr 4,93 Millionen SPIEGEL-Leser. Bis zur Befragungsaktion für die LA 1966 stieg die SPIEGEL-Auflage um 18 v. H., aber die Frage lautete nun:

»Wann haben Sie diese Zeitschrift zuletzt gelesen?« Als Leser wurde angerechnet, wer ein nicht länger als sieben Tage zurückliegendes Datum nannte, und die Umrechnung ergab einen Verlust von 950 000 oder 19 v. H.. SPIEGEL-Lesern. Den »Stern« kostete der kleine psychologische Unterschied in der Fragestellung statistisch 2,86 Millionen Leser. Je schlichter das geistig-gesellschaftliche Selbstverständnis eines Befragten ist, und je weniger er insgesamt liest (SPIEGEL -Leser lesen im Durchschnitt 7,4 weitere Zeitschriften, »Hör zu«-Leser nur 4), desto eher werden seine Antworten auf die unterschiedlich formulierten Fragen im Einklang stehen. »Hör zu« verlor bei einer um 6 v. H. gestiegenen Auflage statistisch nur 410 000 oder 3 v. H. Leser. Welch eine Nachricht für die politische Sonnabends-Seite! Leserschaftsforschung muss sein. Durch irgendeine statistische Ziffer muss die Werbung den Anzeigenpreis dividieren, um kalkulatorische Kosten pro 1000 Leser vergleichen zu können, und die Forscher wollen auch ermitteln, welche Blätter die Leser einer Zeitschrift sonst noch lesen (siehe Graphik). Über Masstab und Methoden der Leseranalyse freilich wird stets zu streiten sein: Wer vermöchte nicht zu ahnen, wie Befragungen nach »Sonntagsblatt«-Lektüre dazu führen, dass 258 000 überwiegend katholische Bayern dem »Sonntagsblatt« des protestantischen hannoverschen Bischofs Hanns Lilje als Leser angerechnet werden? Verkauft werden davon in Bayern 7712 Exemplare.

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