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Hausmitteilung Datum: 15. November 1965 Pätsch III und Schluss

aus DER SPIEGEL 47/1965

Datum: 15. November 1965 Betr.: Pätsch III und Schluss

Fünf Bundesrichter und ein Ersatzrichter in roten Roben, ein Bundesanwalt, ein Oberstaatsanwalt und ein Urkundsbeamter - auch sie in roten Roben - bildeten

drei Wochen lang das Tribunal, vor dem der Fall Pätsch mit einem Strafmass endete, wie es der Amtsrichter in Oberviechtach über Hühnerdiebe verhängt. Nun kann man sagen, das Gerichtsverfassungsgesetz will es so; aber so zwingend ist es gar nicht: Der Generalbundesanwalt hätte durch Abgabe an ein Oberlandesgericht als »Sache minderer Bedeutung« (§ 134a GVG) dem Fall das spektakuläre Missverhältnis zwischen Tat und Tribunal ersparen können, sich selbst den Refus. Doch betreibt er in gleicher Sache bereits weitere Ermittlungen »gegen Dr. Josef Augstein und andere«. Wer mögen sie sein, die anderen? Die Optik eines apokryphen Verfahrens gegen Rechtsanwalt Dr. Augstein, die Optik eines SPIEGEL-Verfahrens blieb im Pätsch -Prozess nicht aus. Selbst die »Frankfurter Allgemeine«, sonst Allzumenschlichem abhold, veröffentlichte aus dem Bundesgerichtshof Kantinentratsch, wonach in nichtöffentlicher Sitzung Dr. Augstein und SPIEGEL-Redakteure als Zeugen von ihrem Informanten Pätsch abgerückt seien. Die Frankfurter Rundschau« gar mutmasste Gefährdung Pätschs durch

»leichtfertigen Umgang mit journalistischen Berufsgrundsätzen«, als zur Sprache kam, wie SPIEGEL-Artikel über die Telefon-Affäre unter Mitwirkung des Verfassungsschutzes auf etwa geheime Angaben überprüft wurden, mit Wissen und zum Schutze Pätschs. Ein Zitat aus diesem haltlosen Bericht wurde sogar dem Korrespondenten der »Zeit« in seinen Prozessbericht hineinredigiert. Weitab in Bonn gar kommentierte Cyrill von Radzibor für die »Heilbronner Stimme«, der SPIEGEL habe im Fallex-Fall den Oberst Martin und im Abhör-Fall Pätsch oder Verfolgung preisgegeben«. Vom SPIEGEL vor Gericht gebeten, wird sich Radzibor erinnern müssen, dass im Fallex -Verfahren die SPIEGEL-Beschuldigten einen Monat in Haft sassen, ehe Martin als Informant ermittelt wurde selbstverständlich und nachweislich nicht durch SPIEGEL-Aussagen. Und Pätsch: Wegen keiner Angabe, die er dem SPIEGEL machte, erst recht wegen keiner Angabe, die dem Amt zur Kenntnis kam oder veröffentlicht wurde, auch wegen keiner Angabe, die er Dr. Augstein machte oder unter Dr. Augsteins juristischer Protektion bekanntgab, ist Pätsch verurteilt worden. Das Urteil bezieht sich auf einen Fall, wie die Urteilsgründe sagen: »Der Angeklagte hat dem 'Stern'-Redakteur Zeugen Pendorf Angaben über seine Teilnahme an der Telefonüberwachung eines Nichtdeutschen gemacht. Er war von Rechtsanwalt Dr. Augstein dahin belehrt worden, dass er nur über TO-Massnahmen gegen Deutsche sprechen dürfe ... Dr. Augstein war auch bei dem Gespräch des Angeklagten mit Pendorf nicht zugegen ... Der Angeklagte war ... in diesem einen Fall des vorsätzlichen Bruches der Amtsverschwiegenheit ... schuldig zu sprechen. » Notabene: »Stern«-Kollege Pendorf stand bei seinen ersten Vernehmungen unter Aussagezwang, Wahrheitspflicht und Eidesbelehrung. Nach dem inzwischen gültigen Zeugnisverweigerungsrecht der Pressegesetze wäre der Zeugenbeweis in dem verbleibenden einen Fall nicht möglich gewesen.

Pätsch

Oberst Martin

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