Hausmitteilung Datum: 19. Juli 1976 Titel, DDR
Als Hermann Schreiber, 46, den Text für die Titelgeschichte dieses Heftes -- Thema Lebensmitte -- zwei Kollegen etwa seines Jahrgangs zeigte, meinte er, das Thema sei ihm zu unpersönlich geraten, obwohl er doch im Grunde über sich selber geschrieben habe. »Da sagten beide wie aus einem Munde«, berichtet Schreiber, »wieso? Ich dachte, du hast über mich geschrieben.«
Das Thema und die Probleme der wahren Vierziger, der echten Fuffziger scheinen also allgemein. »Das kann doch nicht alles gewesen sein«, reimt Wolf Biermann. Schwieriger steht es mit gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es gibt zwar eine grosse Menge Literatur, aber die Menge gibt wenig her. Schreiber hat vor allem in Amerika recherchiert. In Deutschland hat ihn zum Beispiel das »Informationszentrum für sozialwissenschaftliche Forschung« in Bad Godesberg weiterverwiesen an die »Zentralstelle für psychologische Information und Dokumentation an der Universität Trier«, deren Computer dann allerdings ein engbedrucktes Literaturverzeichnis von fast fünfundzwanzig Meter Länge ausspie -- fast alle Titel amerikanischer
Herkunft und fast alle neben dem Thema. In den Vereinigten Staaten hielt die SPIEGEL-Korrespondent in Valeska von Roques weiter Verbindung zu Forschergruppen von
Vale, Harvard und an der Universität in Kalifornien. In der Bundesrepublik unterhielt sich Schreiber mit Soziologen, Scheidungsanwälten, Psychiatern und Unternehnensberatern -- und mit vielen Betroffenen (Seite 36).
Wegen (dort so genannter) Verleumdung, begangen durch einen Beitrag, den er weder recherchiert noch geschrieben, noch bearbeitet hatte, verwiesen die DDR-Behörden im Dezember 1975 SPIEGEL-Korrespondent Jörg R. Mettke ihres Landes. Die Zwangsmassnahme widersprach zwischendeutschen Vereinbarungen ebenso wie dem »Geist und Inhalt der Schlussakte von Helsinki« (Bundeskanzler Schmidt). Bemühungen der Bundesregierung und des SPIEGEL, die DDR zur Revision zu bewegen, blieben ergebnislos. Dass gleichwohl wieder ein Korrespondent ins Ost-Berliner SPIEGEL-Büro einzieht, ist allein durch die journalistische Pflicht begründet, nicht nur über, sondern auch aus der DDR zu berichten, soweit es die dort ohnehin eng begrenzten Möglichkeiten zulassen. Neuer SPIEGEL-Mann in Ost-Berlin ist Ulrich Schwarz, 39, bislang Redakteur im Ressort Deutschland I.