Hausmitteilung Datum: 2. Juni 1975 ZDF-Löwenthal
»Mir war von vornherein klar, dass man einen Pudding nicht an die Wand nageln kann«, räsonierte Hans Joachim Rauschenbach vom Hessischen Rundfunk nach einer Diskussion unter acht Fernseh-Moderatoren in Frankfurt, bei der offenbar zuviel über den teilnehmenden Leiter des »ZDF-Magazins« Gerhard Löwenthal gesprochen worden war. Zitat Löwenthal aus dieser Diskussion: »Wenn Sie an den SPIEGEL glauben, kann ich Ihnen nicht mehr helfen.« Auf das Festnageln der Götterspeise Löwenthal ist also
zu verzichten; er wackelt und verwackelt, was der Pudding hergibt. Vor knapp drei Jahren entdeckte Löwenthal in den vom SPIEGEL veröffentlichten Leserbriefen »nicht weniger als neunundsiebzig zum Teil schwerwiegende Richtigstellungen« -- er hatte unter »Richtigstellungen« Gegenmeinungen summiert, die nun allerdings von der Leserbrief-Redaktion des SPIEGEL besonders gern und besonders häufig gedruckt werden. (Die »National-Zeitung«, Basel, damals: »Nun, dem guten Löwenthal unterlief ein gewaltiger Fehler ...") Im vergangenen Monat nannte Löwenthal den SPIEGEL die »Hauspostille der Baader! Meinhof-Bande«, weil (in der Tat) mehr als zwanzig Dokumentationen zum Thema Terror im SPIEGEL veröffentlicht worden waren, zum Teil verfasst von Terroristen. Zwischen Dokumentation und Meinung kann ein Mann wie er nicht unterscheiden, auch Rudolf Augsteins Essay »Mit den Bomben leben« (Seite 26) und den Abdruck von Baader- und Meinhof-Kassibern (Seite 29) muß er nun wieder planvoll missverstehen.
In der vergangenen Woche hat Löwenthal schon wieder verwackelt. Zu der von ihm im »ZDF-Magazin« aufgeplusterten Frage, ob Brandt wieder Kanzler, ob er Nachfolger seines Nachfolgers Schmidt werden wolle, lud er Schmidt und Brandt vor die Kamera. Beide sagten ab. Brandt verwies Löwenthal auf sein SPIEGEL-Gespräch (20/1975); für Schmidt waren »die Informationen ohne alle sachliche Begründung und verdienten nicht, ernst genommen zu werden«. Regierungssprecher Bölling schrieb fern, »es ist mein Eindruck, dass die seriöse deutsche Presse das Thema deshalb als ein Scheinthema ad acta gelegt hat«. Darauf Löwenthal: »So scheint also auch Herr Bölling den SPIEGEL nicht mehr zur seriösen deutschen Presse zu rechnen, denn der ging auf das Thema in einem Interview mit Willy Brandt am 12. Mai ausdrücklich ein.« Pudding. Eben weil und nachdem sich Willy Brandt im SPIEGEL-Gespräch definitiv zu dieser Frage geäussert hatte, hielt Bölling das Thema für erledigt.