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Hausmitteilung Datum: 20. März 1967 Profanes

aus DER SPIEGEL 13/1967

»Auch die nobelste Frau, die man liebt, muss mal aufs Klosett« (Erich Kästner), und ebensowenig ist zu leugnen, dass auch der tiefgründigste journalistische Geist zum grundrechtsbehüteten Subjekt der Pressefreiheit nur wird durch (horribile dictu) die Druckerei. Die ersten 304 Ausgaben des SPIEGEL wurden in dem hannoverschen Druckereibetrieb Madsack & Co. gedruckt, exakt die folgenden 750 einschliesslich dieser Nr. 13/1967 auf Zeitungsmaschinen der Auerdruck GmbH in Hamburg.

Am Karfreitag wird Auerdruck-Metteur Hans Knupper, der schon 1952 beim ersten Auerdruck-SPIEGEL dabei war, zum letztenmal mit Ahle und Pinzette an Bleizeilen und Bildklischees einer SPIEGEL-Seite knuppern, denn von der übernächsten Ausgabe an drucken Axel Springers Tiefdruckmaschinen in Ahrensburg bei Hamburg und in Darmstadt den SPIEGEL. Nicht nur für Metteur Knupper und mehr als 300 seiner Kollegen, die bei Auerdruck wöchentlich an der SPIEGEL-Produktion mitarbeiteten, heisst Ostern Abschied, sondern auch für die Hamburger Kunstdruckerei Mühlmeister & Johler (gegründet 1876), deren Kapazität zu mehr als einem Viertel durch den qualitativ vielgepriesenen Druck von SPIEGEL-Farbanzeigen ausgefüllt war. Der Hamburger »Nordwest-Druck«

setzt einen Teil seiner bisher für SPIEGEL-Farbanzeigen genutzten Maschinen zusätzlich für den Druck des Umschlags ein. Eine runde Million SPIEGEL-Umschläge

werden dort zukünftig in zwei statt bisher drei Tagen gedruckt -- später als bisher kann das aktuellste Thema auf den Titel gebracht werden. Der störungsträchtige buchbinderische Arbeitsgang, Bogen mit Farbanzeigen und schwarzweiss bedruckte SPIEGEL-Heftteile maschinell zu mischen (bis zu 13 Produkte zu einem Heft), entfällt zukünftig. Schwarzweisse SPIEGEL-Seiten und ganzseitige Farbanzeigen laufen im selben Produkt aus den Tiefdruckmaschinen. Um das 25fache hat Auerdruck in der fünfzehnjährigen Zusammenarbeit sein SPIEGEL-Druckvolumen gesteigert. Dennoch musste seit zwei Jahren zusätzlich die Kölner Druckerei DuMont Schauberg eingesetzt werden, um ein Viertel der Auflage zuzuliefern (bis zu 30 Güterwagen Papier werden heute für eine SPIEGEL-Ausgabe benötigt). Auf Lastwagen wurden die gedruckten Kölner SPIEGEL-Produkte in der Sonntagnacht an Buchbindereien im Rheinland zur Verarbeitung verteilt. Der Feuerwehr ist ihr Einsatz unvergesslich, als sich das Drahtband einer SPIEGEL-Ladung gelöst hatte und SPIEGEL-Blätter kilometerlang die Bundesstrasse 55 bedeckten. Die Ahrensburger Riesendruckerei, die in Zukunft für den Druck von 60 Prozent der SPIEGEL-Auflage eineinhalb Tage pro Woche fast ihre volle Betriebskapazität einsetzt, ist mit einem Investierungsaufwand von 120 Millionen Mark aus einem Guss auf freiem Gelände neu errichtet worden. Fertigungsablauf und Druckwiedergabe verweisen den bisherigen Masstab der SPIEGEL-Produktion in die Vergangenheit. Rudolf Augsteins Stamm-Metteur Knupper wird zukünftig die Seiten der »Hamburger Morgenpost« zusammenbauen, und ein Kollege der Konkurrenz wird auf Proben von Geduld und Können gestellt, wenn ein Augstein-Artikel acht Zeilen zu lang geraten ist. Knupper: »Augstein war unser schwierigster Kunde. Er streicht so schwer.«

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