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Hausmitteilung Datum: 22.07.1963 Diverses

aus DER SPIEGEL 30/1963

Datum: 22.07.1963 Betr.: Diverses

Seltsamer Wechsel der Konstellationen in der Auseinandersetzung um die öffentliche Meinung brachte es mit sich, dass in den letzten Wochen

- der Hamburger CDU-Jungmann und SPIEGEL-Gegner Dietrich ("Didi") Rollmann Verbündeter des SPIEGEL war;

- Franz-Josef Strauss mit dem SPIEGEL das Schicksal milder Verfolgungen durch die katholische Kirche teilte.

Auf dem Höhepunkt der SPIEGEL-Affäre exponierte sich Rollmann öffentlich mit einem »Dank an die spanische Regierung« für die von Strauss veranlasste rechtswidrige Sistierung des SPIEGEL-Redakteurs Ahlers in Torremolinos und mit der Bemerkung, an dem Regierungs-Schlamassel, über den das Kabinett Adenauer stürzte, trage die Schuld der »kümmerliche Justizminister Stammberger«.

Früher schon, vor der SPIEGEL-Affäre, hatte sich Rollmann im Kanzler-Stil öffentlich mit dem SPIEGEL auseinandergesetzt: »Der SPIEGEL, der SPIEGEL, wer liest schon den SPIEGEL?« Letztens nun bestritt er Strauss öffentlich die Ministerqualifikation und antwortete auf Briefbögen des Deutschen Bundestags patzig, als Strauss ihn zur Rede stellen wollte (s. Seite 19).

Strauss stand derweilen im Clinch mit den gleichen geistlichen und weltlichen Kräften des Katholizismus, die auch dem SPIEGEL nicht wohlwollen, dabei freilich den Namen SPIEGEL ebensowenig aussprechen wie den Namen Strauss.

Der »Zeitschriftendienst«, der im Auftrag der katholischen Bischöfe mehr als 50 namentlich bezeichnete Zeitschriften laufend in Kategorien wie »Unbedenklich«, »Mit Einschränkungen tragbar« oder »Abzulehnen« einteilt und diese Bewertungen ausgiebig begründet, lässt den SPIEGEL in dieser Katalogisierung von jeher einfach aus.

Auf Pfarrsprengel-Ebene freilich gedeiht eine durchdringende Agitation gegen den SPIEGEL, die in den. Vertriebsberichten des Verlages liebevoll dokumentiert ist. Beispiele:

- Verkaufsberater Reitz, Bericht Nr. 56/1962: »Einzelhändler Haas, Niedernberg (Main), nach Aufnahme des SPIEGEL zum Pfarrer bestellt. Seitdem SPIEGEL nicht mehr verkauft.«

- Verkaufsberater Gössl, Bericht Nr. 181/1962: »Schreibwarengeschäft Schemm, Münster (Westfalen), hat den SPIEGEL wegen des Pastors unter der Theke untergebracht; kein Aushang, keine Auslage.«

- Verkaufsberater Sitzler, Bericht Nr. 236/1963: »Schreibwarengeschäft Streit, Kitzingen, hat nach wie vor den SPIEGEL nicht, weil Angst vor dem Pfarrer.«

Der »Zeitschriftendienst«, der den SPIEGEL in seinen Bewertungskategorien auslässt, hat ihm immerhin 1961 eine Studie von 14 Druckseiten gewidmet und darin »... nicht übersehen ... dass SPIEGEL auch von Ungezählten konsumiert wird, die ihn, bei prinzipieller und oft heftiger Ablehnung, tatsächlich informationshalber studieren - um des vielleicht wichtigen Salzkorns sachlicher Wahrheit willen, das noch in der unglaublichsten Darstellung zu vermuten ist und mit dem sonst nirgends gewürzt wird«.

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