Hausmitteilung Datum: 27. Dezember 1971 Betr. Umfragen
Zum vierten Male macht der SPIEGEL die Ergebnisse einer Umfrage zu seiner Titelgeschichte, nach »Was denken die Studenten?« (26/1967), »Was glauben die Deutschen?« (52/1967), »Was soll Bonn tun?« (46/1970) diesmal zum Thema »Der Deutsche und sein Auto«. Das Allensbacher Institut für Demoskopie hat zweitausend Bundesbürgern zwischen 18 und 70 Jahren, als Repräsentanz ausgesucht für 19 Millionen autofahrende Deutsche, vor einigen Wochen je 160 Fragen vorgelegt. Das Resultat ("Ans Steuer lass« ich keinen anderen«, Seite 36) hat die Qualität eines Referendums und enthält kräftige Überraschungen. Zwar verhalten sich die deutschen Autofahrer in ihren Gewohnheiten und Urteilen ziemlich konform, aber nicht wie eine Interessenvertretung. Mit Tempo 100, mit einer noch niedrigeren Promille-Grenze, mit noch mehr Strafen (für die anderen) wären sehr viele durchaus einverstanden. Dagegen ist die Funktion des Autos als Statussymbol geringer, als es Kabarettisten einschätzen mögen: Einen Volkswagen benutzen auch viele Superreiche, der Mercedes-Lenker in der Hand des Arbeiters ist beileibe keine Rarität.
Eine zufällige zeitliche Koinzidenz erlaubt, die Resultate der Allensbacher durch eine Erhebung von Infratest zu bestätigen, die im wesentlichen einem anderen Thema galt. Die Abteilung Marktforschung des SPIEGEL wird Anfang Januar eine Untersuchung über das »Top- und Middle-management« vorlegen, über jene Personengruppe, die wirtschaftliche Entscheidungen im Betrieb vorzuschlagen, zu treffen und zu verantworten hat. Es ist klar, dass auch privates Konsumverhalten zur Analyse gehört und natürlich das Auto. Einige Resultate: Es haben zur
persönlichen Verfügung einen Dienstwagen 18 Prozent; einen Firmenwagen als Inhaber 14 Prozent; einen Privatwagen 65 Prozent. Und zwar in der Reihenfolge der Fabrikate: VW (15 Prozent), Ford (11), Mercedes (11), Opel (11), BMW (5) et cetera. Anders die Reihenfolge beim Dienstwagen, den 18 Prozent zur persönlichen Verfügung haben; die Fabrikate: Mercedes (10 Prozent), Opel (5), VW (4), Ford (3), BMW (3) et cetera. Und beim Zweitwagen (insgesamt 30 Prozent haben einen) ist die Reihenfolge VW (12 Prozent), Opel (4), Renault (4), Ford (3), Mercedes (3), Fiat (2). Auf den Strassen bricht sich eine klassenlose Gesellschaft Bahn.