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Hausmitteilung Datum: 27. Juni 1966 Schauplätze

aus DER SPIEGEL 27/1966

Datum: 27. Juni 1966 Betr.: Schauplätze

SPIEGEL-Reporter Peter Brügge war der Café- und Illustrierten-Society zur Soiree des österreichischen Mercedes-Benz-Vertreters Dimitri Pappas ins Salzburger Schloss Klessheim gefolgt und schrieb (SPIEGEL 35/1965): »Rätselhaft wie der Laichzug der Lachse bleiben die Gesetze, nach denen die High Society die Schauplätze ihres Amüsements wählt und wechselt.« Bei der Verleihung des Theodor-Wolff -Preises 1965 »fand die Veröffentlichung besondere Anerkennung«, wie dem Reporter Peter Brügge im Namen der Jury bedeutet wurde. Mit dem Theodor-Wolff-Preis werden seit 1961 nach Vorschlägen der Journalistenverbände und dem Urteil einer unabhängigen Jury »hervorragende journalistische Arbeiten« in deutscher Sprache von der »Stiftung 'Die Welt'« ausgezeichnet. Der Titel von Brügges

Preis-Reportage hiess »Hilfe, wir sind eingeschlossen!« und war hergeleitet aus einem Aufschrei des Prinzen Johannes von Thurn und Taxis im Gedränge um die Rehpastete auf dem Pappas-Büfett. Am heutigen Montag kassiert Peter Brügge (bürgerlich Ernst Hess) 3000 Mark Theodor-Wolff-Prämie in »feierlicher Preisverleihung« mit »anschliessendem Frühstück« in Willy Brandts Schöneberger Rathaus. »Lustig finde ich«, schrieb er an die SPIEGEL-Redaktion, »dass man als SPIEGEL-Autor auch einen von Springer gestifteten Preis bekommen kann.«

Seit Jahr und Tag ist der SPIEGEL hinter der Strassburger Rheinbrücke von der Sûreté zensiert worden, doch kam es nur heraus, weil der SPIEGEL nicht mehr ausschliesslich über die Brücke nach Frankreich transportiert wird. Zur Beschleunigung sendet der SPIEGEL-Vertrieb seit Januar die Paris-Exemplare Sonntag nachts über den Posten Blanc Misseron an der französisch-belgischen Grenze. Erstmals am 15. Mai wurde der Transport bis zum Montag mit der Begründung festgehalten, der SPIEGEL unterliege einer »Contrôle de la librairie«. Vier Polizei-Motorräder und zwei Zollbeamte umstellten den SPIEGEL-Opel. Seither sind erst zwei SPIEGEL-Ausgabenunbehelligt nach Frankreich gelangt. Druckschriften, so lautet die Vorschrift, und »besonders der SPIEGEL« unterliegen aufgrund eines Pressegesetzes von 1881 der Nachschau (Droit de regard) und können daher in Blanc Misseron nur am Tage abgefertigt werden, denn nachts hat beim Grenzposten Blanc Misseron, im Gegensatz zur Strassburger Rheinbrücke, kein Sûreté-Inspektor Dienst. In Bonn bemühten sich das Bundespresseamt und die Französische Botschaft, in Paris die Deutsche Botschaft, das Informations sowie das Innenministerium und der Quai d' Orsay um eine Suspendierung der Nachschau beim Import deutscher Druckschriften. Opel-Fahrer Leifeld, der sich noch kürzlich Wartestunden beim Einfangen ausgebrochenen Rindviehs vertrieb, konnte mit dem letzten SPIEGEL nach kurzem Stopp früh um 3.45 Uhr Blanc Misseron passieren.

Peter Brügge

SPIEGEL-Opel in Blanc Misseron

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