Hausmitteilung Datum: 6. Januar 1975 Weltmacht, Zypern
Der Begriff »Weltmacht« ist unscharf und umstritten. Das Imperium Romanum war eine Weltmacht. Gibt oder gab es mehrere Weltmächte? Sind die USA (noch) eine oder die einzige Weltmacht? Hat das deutsche Kaiserreich, hat Adolf Hitler nach der Weltmacht gegriffen wie nach einer Krone? Weltmacht hin, Weltmacht her: Die Bundesrepublik hat finanziell und militärisch eine Rolle übernommen, die sich 1945 niemand vorstellen konnte. Frankreich, England, Japan liegen zurück. Nichts in Europa geht ohne die Bundesrepublik. Aber Europa hat auch nicht mehr viel zu sagen. Einen Krieg um Israel etwa
kann die Bundesrepublik nicht beeinflussen; einer der Leidtragenden, in West-Berlin etwa, könnte sie sein. So sieht denn auch Hans Apel die Weltmachtrolle seiner Regierung: »Für andere zahlen. Darauf reduziert es sich« Apels Gönner und Chef, der Bundeskanzler Schmidt, kam
zwei Tage vor seinem 56. Geburtstag ins SPIEGEL-Haus, um über das zwiespältige Thema zu debattieren. Er erschien im Pullover, die Prinz-Heinrich-Mütze auf dem Kopf. Kutschiert hatte ihn sein Bewacher im bewachereigenen Simca. Bevor Schmidt sich zum Gespräch niederliess, besah er sich die Köhlbrandbrücke durchs Fernglas ("Wir sind ein erstklassiger Partnern, Seite 30).
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Noch im Frühjahr 1974 konnten Touristen in dreieinhalb Stunden von Frankfurt nach Zypern gelangen. SPIEGEL-Redakteurin Mareike Spiess-Hohnholz, die den Insel-Präsidenten Makarios bei der Heimkehr beobachten wollte, brauchte fünfzig Stunden. Der Flughafen von Nikosia ist seit der Türken-Invasion noch nicht in Betrieb. Die Erlaubnis der Engländer, Besucher auf der Militärbasis Akrotiri abzusetzen, erwies sich als platonisch: Olympic Airways, die Fluglinie von Onassis, streikte. Frau Spiess-Hohnholz besuchte, mal mit, mal ohne Makarios, fünf Flüchtlingslager; sie überquerte, unter den anfeuernden Rufen der UN-Soldaten, viermal die »Greenline«, die Demarkationslinie zwischen Türken und Griechen. Von Türken wie Griechen liess sie sich berichten, was war, was ist und was werden soll ("Makarios, wir schenken dir unser Blut«, Seite 62).