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Hausmitteilung Datum: 7. November 1966 Alten Hut

aus DER SPIEGEL 46/1966

Datum: 7. November 1966 Betr.: Alten Hut

Der SPIEGEL, das Blatt ohne Wirtschaftsteil, enthält in diesem Heft auf acht Seiten sieben Beiträge der Wirtschaftsredaktionen. Wenn irgendwer in Deutschland für sich in Anspruch nehmen kann, breiteren Schichten die biologische Wurzelfunktion der Wirtschaft in der Gesellschaft und das Denken in wirtschaftlichen Zusammenhängen nahegebracht zuhaben, dann sind es die Wirtschafts-Journalisten des SPIEGEL, deren Beiträge in die Teile »Deutschland« und »Ausland« (und auch »Kultur") eingestreut werden, weil sich der nicht fachlich engagierte deutsche Leser vor geschlossenen Wirtschaftsteilen drückt wie vor dem Zahnarzt. So mag es kommen, dass sich die Fachwelt unter Wirtschafts-Journalisten wie Pentzlin ("Welt"), Slotosch ("Süddeutsche Zeitung"), Tross ("Stuttgarter Zeitung"), Wendt ("Die Zeit") oder Kruk ("Frankfurter Allgemeine") mehr vorstellen kann als unter SPIEGEL-Namen wie Blauhorn oder Simoneit, doch als bei Econ von Simoneit »Die neuen Bosse« und in der Modernen Verlags-GmbH« von Blauhorn »Ausverkauf in Germany?« erschienen, wurde den Autoren auf eindringliche, wenn auch indirekte Weise die Reverenz der Pressekollegen zuteil: In München z. B. druckten die beiden grossen Tageszeitungen, »Süddeutsche Zeitung« und »Münchner Merkur«, je ein Buch der SPIEGEL-Kollegen in Fortsetzungen ab. Auszüge aus Kurt Blauhorns Buch veröffentlichten u. a. »Die Welt« und die »Berliner Morgenpost«, Ferdinand Simoneit wurde in den »Stuttgarter Nachrichten«, im »Kölner Stadt-Anzeiger«, im »Tagesspiegel«, in der Rheinischen Post« und anderen Blättern nachgedruckt. Von »Die neuen Bosse« ist bei Econ die vierte Auflage (51. bis 75. Tausend) in Vorbereitung, 1969 folgen bei S. Fischer 50 000 Taschenbuch-Exemplare, der Titel steht in der 11. Woche auf der Bestsellerliste des Instituts für Demoskopie (derzeit Platz 4 der Sachbücher, siehe Seite 195 dieses SPIEGEL). Simoneits Erfolgsbuch ist hergeleitet aus seiner Tätigkeit für den SPIEGEL, die ihn von einer Bilanzbesprechung zur anderen, vom Gewerkschaftstag zur Industrieverbands-Sitzung, von der Untertage-Besichtigung zum Privatgespräch im obersten Geschoss der Konzernverwaltungen führt (nur Presse-Empfänge meidet er). Die meisten Figuren aus seinen Neuen »Bossen« hatte er zuvor im SPIEGEL vorgestellt. Blauhorns »Ausverkauf in Germany?«, eine Untersuchung über Umfang und Bedeutung des Auslandskapitals in der Bundesrepublik, hängt nicht weniger mit der SPIEGEL-Tätigkeit des Autors zusammen. Titel-Geschichten über Ford II., Hilton, die Opel AG oder den Nestlé-Konzern, Recherchen über die Rolle der Morgan-Bank bei der Umfinanzierung von Neckermann oder die grossen Holländer wie Philips, Unilever und Royal Dutch/Shell im deutschen Markt - um nur einige zu nennen - hinterliessen die Wissensgrundlage. Attacken von Strauss auf die Amerika-Abhängigkeit« machten dem amerikanischen Nachrichtenmagazin »Newsweek« Blauhorns Buch interessant, und »Newsweek« setzte, zutreffend, Blauhorn in Gegensatz zu Strauss: »Der Zorn (auf die Amerikaner) ist längst verraucht, was Blauhorn für gerechtfertigt hält. Strauss, sagt der blonde bebrillte SPIEGEL-Wirtschaftler, schlägt eine alte Kuh. » Das freilich hat Blauhorn nicht gesagt. Wo der »Newsweek«-Korrespondent »alte Kuh« verstand, hatte Blauhorn von einem »alten Hut« gesprochen.

Blauhorn

Simoneit

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