Iran-Sanktionen Steinmeiers pikantes Dossier

Mit harten Sanktionen soll Iran dazu gebracht werden, seine atomaren Ambitionen aufzugeben - fordern Frankreich und die USA. Zugleich machen Konzerne beider Länder ungestört Geschäfte mit Teheran, wie ein Dossier des Auswärtigen Amtes nach Informationen des SPIEGEL zeigt.

Hamburg - Angesichts immer lauterer Forderungen Frankreichs und der USA nach einer Verschärfung der Sanktionen gegen Iran wappnet sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) für eine heftige Debatte in New York. Dort wollen Steinmeier sowie die Außenminister der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder USA, Frankreich, Großbritannien, China und Russland in der kommenden Woche über eine dritte Resolution mit Strafmaßnahmen wegen des iranischen Atomprogramms beraten.

China und Russland warnen dringend vor einer Ausweitung der Sanktionen, Deutschland sieht sich in einer Mittlerrolle - immer mit dem Ziel, die neue, behutsame Gesprächsbereitschaft Teherans nicht wieder zu verschütten.

Im Falle eines Scheiterns hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy eigene, zusätzliche Sanktionen der EU verlangt – die USA unterstützen dies, Berlin ist dagegen. Laut Frankreichs Außenminister Kouchner sollten sich diese Maßnahmen auf den Geschäfts- und Bankensektor konzentrieren.

Die Wirtschaftsabteilung des Auswärtigen Amtes erarbeitet für den Minister Argumentationshilfen mit pikanten Informationen, die Steinmeier nach New York mitnehmen will. Sie sollen zeigen, dass die Hardliner USA und Frankreich im Iran-Geschäft hinter ihren hehren Ansprüchen zurückbleiben. So wird den Franzosen vorgeworfen, dass mehrere Unternehmen aus der Auto-, Energie- und Finanzbranche – unter anderen Peugeot, Renault, Total, BNP Paribas, Societé Générale – nahezu unverändert Geschäfte machten, während deutsche Exporte nach Iran dramatisch zurückgingen.

Noch brisanter sind die Indizien, die die Glaubwürdigkeit der US-Sanktionspolitik hinterfragen: Amerikanische Firmen umgingen den seit 1979 währenden Boykott gegen Iran, indem sie ihre Geschäfte über Briefkastenfirmen in Dubai abwickelten, so der Vorwurf des Auswärtigen Amtes.

Schon länger halten deutsche Politiker intern den Amerikanern vor, dass sie dies stillschweigend duldeten. Die Präsenz von Microsoft-Programmen, Caterpillar-Baggern sowie der Marken Pepsi- und Coca-Cola in Teheran sei aber unübersehbar. Die unterschiedlich strenge Umsetzung von Sanktionen bewirke eine "Verdrängung deutscher Firmen aus dem Iran-Markt", klagt ein Spitzenmann aus Steinmeiers Ressort.

5000 deutsche Unternehmen machen Geschäfte mit Iran

Deutschland will offenbar auch seine eigenen Wirtschaftsinteressen nicht aufs Spiel setzen. Wie die "Frankfurter Rundschau" diese Woche berichtete, hat ein Israel nahestehender Dienst ein Register der deutsch-iranischen Zusammenarbeit aufgestellt. Demnach machen auch 5000 deutsche Unternehmen Geschäfte mit Iran - darunter Großfirmen wie Siemens und BASF. Rund zwei Drittel der iranischen Industrie stützten sich auf Maschinen deutschen Ursprungs.

Mit einer Verschärfung der Sanktionen will die Bundesregierung offenbar bis Ende des Jahres warten. Dann soll sich zeigen, ob der Ende August zwischen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO und Teheran vereinbarte "Aktionsplan" greift. Iran verspricht darin, sein Atomprogramm offen zu legen und auf alle Fragen zu antworten. Von einer Einstellung der Uran-Anreicherung, die der Sicherheitsrat zwingend will, ist aber keine Rede. Außerdem will Teheran internationale Inspektionen nur zulassen, wenn der Sicherheitsrat den Atomstreit von der Tagesordnung absetzt. Einige Regierungen sehen darin nur einen weiteren Bluff der Iraner.

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