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DER 18. MÄRZ 1964

aus DER SPIEGEL 18/1964

An diesem Morgen fuhr der

Andeskanzler bereits um neun zum Bundespräsidenten in die Villa Hammerschmidt, um ihm den alle drei Wochen fälligen Routinevortrag über die politische Lage zu halten.

Um zehn Uhr begann wie jeden Mittwoch die Kabinettssitzung, die sich mit der Ausweisung des Wirtschaftsreferenten an der Deutschen Botschaft in Moskau, Naupert, aus der Sowjet-Union und der finanziellen Beteiligung der Bundesrepublik am Zypern-Abkommen befaßte.

Erhard mußte die Sitzung an diesem Mittag vorzeitig verlassen, weil bereits um 12.30 Uhr Kardinal Bea aus Rom angemeldet war. Der Kardinal, der sich auf einer Deutschland-Reise befand, interessierte sich für den neuen Chef im Palais Schaumburg, und Erhard wollte gern einen der wichtigsten Männer des Vatikans kennenlernen. Um 13.15 Uhr gab er für seinen hochgestellten Besucher ein Frühstück.

Vor dem Empfang des nächsten Besuchers arbeitete der Kanzler Akten auf. Täglich hat er zwischen 30 und 50 Dokumente zu unterschreiben.

Um 15.30 Uhr machte der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Wenzel Jaksch, seinen Antrittsbesuch.

Gegen 17 Uhr versammelten sich in seinem Zimmer Agrarabgeordnete der CDU/CSU, um ihm eindringlich nahezulegen, gegenüber dem französischenVerlangen nach Senkung der Getreidepreise in der EWG hart zu bleiben.

Mit dem gleichen Thema befaßte sich auch der Koalitionsausschuß, der von 18 Uhr an unter Erhards Leitung tagte. Zur Stärkung ließ sich der Bundeskanzler nun ein Glas Whisky-Soda bringen und für seine Gäste Getränke nach Wahl.

Erhard trinkt fast jeden Abend langsam und in kleinen Schlucken Whisky-Soda, um sich für den Abend zu erfrischen. Kurz nach 19 Uhr verließ er dann das Palais Schaumburg mit einem Stoß Akten unter dem Arm, seiner Lektüre zwischen dem Abendessen und dem Schlafengehen.

Bea

Jaksch

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