USA Der Kampf geht weiter
Mit der Verabschiedung eines Gesetzentwurfs im US-Senat ist für Präsident Barack Obama die Debatte um die Gesundheitsreform nicht vorbei. Heiligabend stimmte eine Mehrheit von 60 Senatoren der umfassendsten Neuregelung des amerikanischen Gesundheitssystems seit fast 50 Jahren zu; Obama sprach von einem »historischen Votum«, mit dem ein fast »jahrhundertlanger Kampf« zu Ende gehe. Doch bevor er das Gesetz unterzeichnen kann, müssen Repräsentantenhaus - das bereits einer früheren Fassung zugestimmt hatte - und Senat ihre Vorstellungen in Einklang bringen. Die Sitzungen im Vermittlungsausschuss zu Anfang des neuen Jahres dürften turbulent werden: Das Haus, in dem die Demokraten eine deutliche Mehrheit stellen, beharrt auf einer Art staatlichen Gesundheitskasse und will die im kommenden Jahrzehnt bis zu eine Billion Dollar teure Reform vor allem durch höhere Steuern für Top-Verdiener finanzieren. Der Senat lehnt die Staatsoption in dieser Form ab und möchte die Bezieher hoher Einkommen weniger belasten. Stattdessen sollen besonders umfassende Versicherungsangebote für Arbeitnehmer, sogenannte Cadillac Plans, stärker besteuert werden, was die Gewerkschaften erzürnt. Zahlreiche demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus haben angedroht, der Senatsfassung ihre Zustimmung zu verweigern. In den Verhandlungen dürften die Senatoren aber am längeren Hebel sitzen - denn Obama darf keinen einzigen seiner Unterstützer im Senat verärgern, sonst droht eine Blockade durch die Republikaner. »Deshalb gibt es wohl diesmal weniger Spielraum für die sonst üblichen Kompromisse mit dem Repräsentantenhaus«, sagt Connecticuts Senator Joe Lieberman, der als Unabhängiger mit den Demokraten stimmt und so entscheidenden Einfluss genießt.
Gleichzeitig bereiten sich beide US-Parteien darauf vor, die Gesundheitsdebatte als Thema für die Kongresswahlen im November 2010 zu nutzen. Obamas Demokraten möchten damit punkten, dass seine Reform immerhin 30 Millionen Amerikanern erstmals Krankenversicherungsschutz sichern wird - das ist eine kleine Revolution. In jüngsten Umfragen sind aber mehr als die Hälfte der Amerikaner unglücklich mit dem Gesundheitsplan. Die Republikaner wollen vor allem die geplanten Steuererhöhungen zur Finanzierung der Reform und mögliche Belastungen für Unternehmen attackieren. Wie erbittert der Widerstand ausfallen könnte, zeigt ein Kommentar des »Wall Street Journal«. »Niemals ist ein so unpopuläres Gesetz kurz vor der Verabschiedung gewesen und in einem so parteiischen Prozess durch das Parlament geboxt worden«, schreibt die Lieblingszeitung der US-Konservativen. Obamas Reform sei »Wandel, an den niemand glaubt« - und Amerika werde jahrzehntelang dafür bezahlen.