Zur Ausgabe
Artikel 69 / 74

Briefe

Der vierte Punkt
aus DER SPIEGEL 27/1984

Der vierte Punkt

(Nr. 25/1984, Die Geschäfte des freidemokratischen Staatsministers Jürgen Möllemann) *

Vor Jahr und Tag wurden im Emblem der F.D.P. augenfällig und nachdrücklich drei Punkte aufgenommen, um damit offenbar Erstarkungsbewußtsein der Partei zu symbolisieren. In Konsequenz sollte es geboten sein, jetzt einen vierten Punkt aus der Requisitenkammer der Parteiführung zu mobilisieren und in ihm den Schlußpunkt unter die haarsträubend »liberalen« Umtriebe eines von Geltungsdrang besessenen Repäsentanten und Volksvertreters zu setzen.

Schwanewede (Nieders.) ALBERT NORDEN

Da hat sich der »Riesen-Staatsmann Mümmelmann« (eine hervorragende Charakterisierung durch F. J. Strauß; allerdings eine Beleidigung aller Hasen) doch wenigstens endlich selbst überlistet.

Freiburg HENNING WELLBROCK, SPD-Stadtrat, Ex-FDP-Vorsitzender

Mit »politischer Hinrichtung« könnte man die FDP-Artikelserie des SPIEGEL, die bewußt auf die Eliminierung dieser Partei abzielt, wohl am geeignesten titulieren.

Marktbreit (Bayern) CARSTEN C. CAYSER

Lambsdorff-Nachfolger gesucht? Was gibt es da noch viel zu suchen - Möllemann. Einer, der einschlägige Erfahrung mitbringt und sich nicht erst lange Zeit einarbeiten muß. Beneidenswerte FDP, immer die richtigen Leute zur Hand zu haben!

Offenburg HELMUT SOHRE

Der Unterschied zwischen dem alten Rom und dem neuen Deutschland ist überwiegend chronologischer Natur.

Gräfelfing (Bayern) DR. HEINZ ANTONY

Jede Partei, die solch einen Typen hält, geht kaputt.

Beckum (Nrdrh.-Westf.) HERMANN NATTKEMPER

Wenn Herr Möllemann unsere Diplomaten dazu anhält, unsere Wirtschaft zu unterstützen, verdient er dafür keine Schelte, sondern Lob und das Bundesverdienstkreuz!

Wesel (Nrdrh.-Westf.) DR. ERNST J. TRAPP

Möllemann, Bangemann, Haussmann und so weiter, diese »Männlein« werden wohl samt ihrer wendigen Partei bald in die Bedeutungslosigkeit herabsinken, in die sie schon längst gehören.

Krefeld WERNER CZICH

Jürgen W. Möllemann hat mit seiner »Twen«-Zeitschrift mehr gewendet, als der SPIEGEL zeigte: Er hat die Leasing-Redaktion erfunden - ohne jegliche gewerkschaftlichen Rechte und juristisch ein toter Briefkasten.

Hamburg DR. RAINER B. JOGSCHIES

Einer Partei, die solche Staatsminister entsendet, ist nicht mehr zu helfen. Möllemann muß bleiben - damit die FDP geht!

Warburg (Nrdrh.-Westf.) MICHAEL WINKELMANN

BRIEFE

Richtig aufgemischt

(Nr. 25/1984, Fußballnationalmannschaft: Bundeskanzler Kohl besucht Bundestrainer Derwall während der Europameisterschaft in Frankreich) *

Bundeskabinett und Nationalmannschaft: Abzulösen sind dringend der Schelm von Oggersheim und Häuptling Silberlocke.

Castrop-Rauxel (Nrdrh.-Westf.) AUGUST GÄBERT

Kanzler Kohl bei der Fußballnationalmannschaft, ein Triumph des Biedersinns und der Mittelmäßigkeit. Beide verstehen von ihrem Metier gleich viel. Gleiche Brüder, gleiche Kappen. Oder doch nur gleicher Kappes?

Bad Königshofen (Bayern) ARTHUR HOFMANN

Es blieb dem SPIEGEL-Redakteur Kurt Röttgen vorbehalten, anläßlich der Europameisterschaft in Frankreich Fußball und Politik einmal so richtig aufzumischen. Da findet der geneigte Leser die naheliegende Erklärung für das oft einfallslose Spiel der bundesdeutschen Elitekicker. Die Wende ist's.

Neustadt (Rhld.-Pf.) GERD WESTENWELLER

Folgt man dem SPIEGEL, ist fußballspielerische Fähigkeit untrennbar mit

der politischen Gesinnung verbunden. Der Nationalelf fehlen offenbar schlaue, linke Kicker. Derwall und seine traurige, Konsalik lesende Truppe, die auch noch von Kohl ihren Segen kriegt - da kann man natürlich nicht Europameister werden.

Glückstadt HERMANN SIEVERS

BRIEFE

Kein Geringerer

(Nr. 24/1984, Rolf Hochhuths neues Stück »Judith«. Inhalt: Judith, Tochter eines US-Botschafters, ermordet den amtierenden US-Präsidenten, weil der chemischen Kampfstoff ins Rüstungsprogramm aufnehmen will) *

In blindem, fanatischem Haß will Rolf Hochhuth die Ermordung von Ronald Reagan. Mit blindem, fanatischem Haß fängt alles Grauenhafte an.

Göttingen DR. GEROLD GRAF

Rolf Hochhuth hat beachtliche Assoziationen. Dichter, sagt man, sind Seher, die die Zukunft »bewältigen«. Und kein Geringerer als Goethe hatte vom Ewig-Weiblichen eine ganz besonders hohe Meinung. Eine Judith, die so ein männliches Untier umgebracht hat, hatten wir bereits. Sie hieß Marianne Bachmeier.

Wächtersbach (Hessen) K. EHRENFRITH ULBRICH

Hochhuths »Judith« ist im Rowohlt Verlag nicht umstritten. Die Buchausgabe erscheint am 28. September 1984. Und Ronald Reagan ist keine Person des Stückes.

Reinbek (Schlesw.-Holst.) HANS GEORG HEEPE Rowohlt Verlag

Nicht Herr Peymann in Bochum, sondern sein Vorgänger in Wien, Herr Benning, wird »Judith« in deutscher Sprache erstaufführen. Das Trauerspiel richtet sich keineswegs gegen einen vorübergehenden Präsidenten, sondern gegen den B- und C-Waffen-Aufrüstungswahn. Amtsvorgänger des augenblicklichen Präsidenten haben die Produktion dieser verbrecherischen Waffen verboten - der jetzige hat sie erneut angeordnet, obgleich 12 000 amerikanische Soldaten selber in Vietnam durch sogenannte

»Entlaubungswaffen« verkrüppelt worden sind. Die augenblickliche SPIEGEL-Serie über Dioxin und die Photos der mißgebildeten Kinder sind der ernsteste Kommentar zu meiner »Judith«. Und die Erklärung, warum sie handelt. Warum schimpft der SPIEGEL mich »Moralist« und was heißt das? - Weil ich aus der Tatsache ein Stück mache, daß die USA öfter als jedes andere zivilisierte Land den Regierungswechsel durch Meuchelmord vollziehen? In nur hundert Jahren haben die Amerikaner doppelt so viele Präsidenten durch Mord verloren - wie die Russen Zaren in jenem Jahrhundert, das der Ermordung ihres letzten, 1918, voranging. Und immerhin meldete »Newsweek« am 14. November 1983, daß »ungefähr monatlich ein Versuch stattfindet«, illegal ins Sperrgebiet des Weißen Hauses einzudringen. Abgesehen davon ist ohnehin prophezeit, daß der 1980 gewählte Präsident Ronald Reagan ebenso im Amt sterben wird. Was schließlich den Titel »Judith« betrifft: Ein Kommentator des NDR hat Karfreitag von einer »Judithund-Holofernes-Geschichte« gesprochen, als er berichtete, wie die Stellvertretende Außenministerin von Nicaragua, Frau Nora Astorga, während der Revolution in Managua den General Vega in ihrem Schlafzimmer umbringen ließ, obgleich sie ihn dort nur hatte kidnappen lassen wollen, um 56 politische Häftlinge freizubekommen. Warum also sollte die Bühne nicht auch darstellen dürfen, was die Realität immer wieder »veranstaltet«?

Basel ROLF HOCHHUTH

Hierzulande ist es unüblich, wenn nicht ungesetzlich, einen unfertigen Entwurf zu einem Theaterstück als Endfassung zu interpretieren. Dadurch konnte der irreführende Eindruck entstehen, Hochhuths »Judith«, deren Uraufführung im Glasgower Citizen's Theatre im November stattfinden wird, richte sich gegen eine bestimmte Figur der Zeitgeschichte, während sie in erster Linie das Problem der Wiederaufnahme der Produktion von B- und C-Waffen diskutiert. Ein Stück ist nicht identisch mit seiner Buch-Fassung, sondern wird erst realisiert durch die Aufführung.

Glasgow (Schottland) ROBERT DAVID MACDONALD

BRIEFE

Erkauftes Bekenntnis

(Nr. 25/1984, DDR-Jugend: Pfingstfestival in Ost-Berlin) *

Mehrere Hunderttausende von Jugendlichen fanden sich zu einem Festival in Ost-Berlin über Pfingsten zusammen. Die Jugendlichen nahmen das von ihnen verlangte Bekenntnis zum Sozialismus in Kauf, um wenigstens für ein paar Tage der Eintönigkeit des DDR-Alltags zu entfliehen. Das Jugendfestival in Berlin war für die FDJ-Funktionäre eine gute Gelegenheit, auf dem Wege über die Unterhaltung den Jugendlichen das geforderte Bekenntnis zum Sozialismus abzuringen, daß sie ansonsten nur widerwillig

zu geben bereit sind. Das Bedürfnis der Jugend nach Unterhaltung wird hier eindeutig für staatliche Ziele ausgenutzt.

Bonn HERMANN KROLL-SCHLÜTER, MdB/CDU Vorsitzender der Arbeitsgruppe Jugend, Familie und Gesundheit

BRIEFE

Klassisches Dokument

(Nr. 23/1984, Essay: »Das wertlose Ja zur Nato«. Verteidigungsminister Manfred Wörner über die Beschlüsse des SPD-Bundesparteitages zur Sicherheitspolitik) *

Der Parteitag der SPD in Essen war wirklich von besonderer Bedeutung für die Sicherheitspolitik der Nato-Staaten im allgemeinen und für die der Bundesrepublik Deutschland im besonderen. Darin kann Herrn Manfred Wörner und seinem SPIEGEL-Essay zugestimmt werden. Allerdings ist sein Schluß daraus, daß ein »faktisches Nein zur Bündnispolitik« der »endgültige Ausstieg der SPD aus der Realpolitik« sei und damit das Ende ihrer Regierungsfähigkeit, voreilig und unüberlegt. Im Gegenteil: durch eine Abkehr von einer auf die USA fixierten Bündnispolitik und zweifelsfreien Nato-Treue wird sie erst wieder regierungsfähig.

Walldorf (Bad.-Württ.) REINHARD A. MEYER

Eben zurückgekommen von einer Reise in die thüringische Heimat, wo die Menschen ("unsere Landsleute in Mitteldeutschland") vor Nato-Raketen große Angst haben, lese ich wohl nicht richtig. Manfred Wörner: »Angesichts einer nuklear hochgerüsteten und konventionell weit überlegenen Sowjet-Union kann das Bündnis weder ... auf die Konzeption der nuklearen Abschreckung noch auf die Androhung des nuklearen Ersteinsatzes verzichten.« In der Debatte vor der Stationierung wurde die Erstschlagmöglichkeit, die General Bastian klar beschrieb, vom Verteidigungsminister stets vehement zurückgewiesen.

Stuttgart GABRIELE GAIROLA

Manfred Wörners Aufsatz ist das klassische Dokument einer unklugen Nationalpolitik.

Bremen DR. CHRISTIAN OESTERREICH

Zur Ausgabe
Artikel 69 / 74
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten