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Deutsche in den Golf?

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aus DER SPIEGEL 17/1988

Die Regierung in Bonn muß damit rechnen, von den Amerikanern zu einem stärkeren Engagement außerhalb der Grenzen des Nato-Verteidigungsgebietes gedrängt zu werden. Nach dem Schlagabtausch amerikanischer und iranischer Kriegsschiffe im Persischen Golf hat sich Washington den Schießeinsatz der US-Marine - gegen Ölbohr-Inseln und Schiffe des Mullah-Regimes - von den europäischen Verbündeten billigen lassen. Eindeutige Beweise, daß die neuen Minen im Golf von den Iranern gelegt wurden, heißt es im Bonner Auswärtigen Amt, hätten die Amerikaner nicht vorlegen können. Der amerikanische Schlag gegen Iran, analysierten die Strategen auf der Bonner Hardthöhe, sei »wohlkalkuliert« und in seiner Wirkung »begrenzt« gewesen. Allerdings sei die US-Marine von der iranischen Gegenwehr überrascht worden. Einig sind sich die Bonner Koalitionäre in der Erwartung, daß die von Verteidigungsminister Manfred Wörner angeordnete ganzjährige Präsenz deutscher Kriegsschiffe im Mittelmeer (Staatssekretär Lothar Rühl: »Wir machen da einen erstaunlich guten Eindruck") zusätzliche Forderungen der Alliierten nach sich ziehen wird. Erst auf der Internationalen Wehrkundetagung in München Anfang Februar hatte US-Verteidigungsminister Frank Carlucci seinen deutschen Zuhörern »weitere Diskussionen« über den Einsatz außerhalb des Nato-Gebietes angekündigt und es für »an der Zeit« bezeichnet, über die bisherigen Absprachen »hinauszugehen«. Bereits für den Mai ist der Besuch des stellvertretenden US-Verteidigungsministers William Taft angekündigt, der mit den Bonnern über die Lastenteilung im Bündnis sprechen will.

Ginge es nach der Bundesmarine - Wörners Admirale würden lieber heute als morgen dem Drängen der Verbündeten nachkommen und deutsche Minensuchboote in den Persischen Golf schicken.

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