Diplomaten Deutscher Weg
Von einem wunderbaren Botschafter schwärmte schon die Überschrift. Weiter unten erfuhr der Zeitungsleser von der »Anerkennung, die Spaniens Bürger einem beispielhaften Manne widmen«. Das Lob des rechten Madrider Tageblatts ABC galt dem Bonner Vertreter in Spanien, Guido Brunner - einst rechte Hand des FDP-Außenministers Walter Scheel und deutscher EG-Kommissar in Brüssel.
Beispielhaft präsentiert sich der in Spanien geborene und fließend Spanisch sprechende Brunner in der Madrider Schickeria wie in den Vorstandsetagen der spanischen Wirtschaft.
Mal empfahl er Geschäftsleuten dringend den befreundeten Anwalt Jose Pedro Perez Llorca (SPIEGEL 51/1990), mal schickte er Unternehmer zu einem als »institutionelle Person« gepriesenen Bekannten, um den zügigen Fortgang eines Projektes zu sichern - und der wollte dann Geld, bar und im Köfferchen.
So erging es jetzt auch Fausto Modino Gago, einem Bauunternehmer, der eine neue Deutsche Schule errichten wollte. »Brunner erzählte mir von der akuten Raumnot der Schule«, so Modino zum SPIEGEL, »und da dachte ich an die Möglichkeit eines Tauschgeschäftes": Für das kleine, aber in Zentrumsnähe gelegene alte Schul-Areal bot er auf einem siebenmal größeren Grundstück außerhalb der Stadt einen Neubau, schlüsselfertig, ohne zusätzliche Kosten.
Bedingung des Unternehmers: Für das Geschäftszentrum, das er auf dem Gelände der eingetauschten alten Schule zu errichten gedachte, müsse die Zustimmung der Gemeinde gesichert sein. Dazu brauche er wirksame Fürsprache bei der Verwaltung, die einer Umwidmung des bisher nur für öffentliche Interessen nutzbaren Grundstücks zustimmen müsse. Modino: »Der Botschafter meinte, daß dafür ein wenig Kanalarbeit notwendig sei.«
Um dem Bauunternehmer den scheinbar günstigen Handel schmackhaft zu machen, verlieh ihm Brunner »die exklusive Konzession, die Grundstücke und Gebäude unseres Eigentums an der Calle Concha Espina in Madrid mittels Tausches zu erwerben«. Das versicherte er brieflich ohne Rücksprache mit Bonn, »mit der Autorität, die mir mein Amt als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland gewährt«. Und er schloß: »Dieser Brief gilt als Vorvertrag.«
Dann schickte er Modino zu seinem Freund, dem in »Kanalarbeit« bewanderten und politisch einflußreichen Journalisten German Alvarez Blanco: »Nach zwei Tagen rief mich Alvarez wieder zu sich«, berichtet Modino. »Er meinte, eine Kommissionszahlung sei nicht zu vermeiden.«
Das ist in Spanien nicht ungewöhnlich - doch Alvarez verlangte »gleich 15 Prozent des Geschäftswertes, also etwa 450 Millionen Peseten (7,2 Millionen Mark), davon die Hälfte vorab«.
Das war Modino zuviel. Als er Brunner anbot, in Partnerschaft mit der Baufirma Lugarce den Tausch auch ohne Aussicht auf eine gewerbliche Umwidmung zu akzeptieren, solange nur Alvarez herausgehalten werde, war der Botschafter auf einmal dagegen. Statt dessen beklagte sich Brunner über die Verbreitung seines Vorvertragsschreibens: »Mein Brief landete auf einer ganzen Reihe von Schreibtischen, es war nicht nur voreilig, es war fürchterlich.«
Der damalige Bürgermeister Juan Barranco über die Notwendigkeit kostspieliger »Kanalarbeit« in den Niederungen der Gemeindeverwaltung: »Einen Antrag auf Umwidmung zugunsten der Deutschen Schule hätte ich mit größtem Wohlwollen untersucht.«
So bleibt alles beim alten: Die Schule an ihrem Platz, der Botschafter auf seinem Posten. Auch German Alvarez Blanco, der »institutionelle Vermittler« für Brunners Angelegenheiten, behält seinen Spitznamen - »vIa Germana«, der deutsche Weg. _(* Bei einem Fest mit dem spanischen ) _(Ministerpräsidenten Felipe Gonzalez in ) _(der deutschen Botschaft in Madrid im ) _(Oktober 1990. )
Deutsche Schule in Madrid: Kommissionen in bar und im Köfferchen
Bonner Botschafter Brunner*: »Es war fürchterlich«
* Bei einem Fest mit dem spanischen Ministerpräsidenten FelipeGonzalez in der deutschen Botschaft in Madrid im Oktober 1990.