32 Jahre nach der Flucht Mutmaßlichen deutschen Terroristen droht Auslieferung
Straßburg - Der 68-jährige Christian Gauger und seine zehn Jahre ältere Lebensgefährtin Sonja Suder müssen mit ihrer Auslieferung nach Deutschland rechnen. Beide mutmaßlichen Mitglieder der linksterroristischen "Revolutionären Zellen" (RZ) scheiterten mit Eilanträgen vor dem Europäischen Menschenrechtsgericht, das den Auslieferungsbeschluss Frankreichs stoppen sollte.
Sollten die beiden ausgeliefert werden, müssen sie mit einem Prozess und langen Haftstrafen rechnen. Denn Gauger und Suder werden Bombenanschläge der "Revolutionären Zellen" gegen zwei deutsche Unternehmen und das Heidelberger Schloss in den siebziger Jahren vorgeworfen, bei denen Sachschaden entstand. Suder wird außerdem verdächtigt, an der Vorbereitung des Anschlags auf die Opec-Konferenz 1975 in Wien beteiligt gewesen zu sein.
Die beiden Deutschen waren im Sommer 1978 über die Grenze geflüchtet und hatten lange Zeit unter falschen Namen in Nordfrankreich als Flohmarkthändler gelebt. Erst im Jahre 2000 kam ihnen die französische Polizei auf die Spur und nahm sie in Paris fest. Einige Monate später wurden sie wieder freigelassen, weil die ihnen zur Last gelegten Taten in Frankreich verjährt waren. Mit Inkrafttreten des europäischen Haftbefehls im August 2006 erhielt die deutsche Justiz aber die Möglichkeit, eine Auslieferung zu beantragen.
Die Frankfurter Staatsanwalt erließ denn auch gegen beide 2007 einen europäischen Haftbefehl. Dieses Dokument verpflichtet die EU-Staaten, Verdächtige an ihre Heimatländer auszuliefern. Der Pariser Premierminister François Fillon unterschrieb den Abschiebebeschluss im Sommer 2009. Anschließend billigte der Conseil d'Etat, das höchste Verwaltungsgericht des Landes, den Beschluss.
Der Straßburger Gerichtshof wird nun ihre Beschwerden gegen Frankreich im Grundsatz prüfen. Das hindert die Pariser Regierung jedoch nicht an einer Auslieferung. Zunächst geht es darum, ob die Beschwerden zulässig sind. Falls die Straßburger Richter dies bejahen, werden sie anschließend prüfen, ob eine Auslieferung der gesundheitlich angeschlagenen Deutschen nach so langer Zeit eine "menschenunwürdige Behandlung" darstellen würde. Mit einem Urteil ist erst in mehreren Jahren zu rechnen.
Damit seien alle Rechtswege in Frankreich ausgeschöpft, sagte die Anwältin des Paares, Irène Terrel, AFP. Die Juristin hat nach eigenem Bekunden nun in Schreiben an die Pariser Regierung und Staatschef Nicolas Sarkozy appelliert, auf eine Abschiebung der Deutschen zu verzichten. Gauger sei nach mehreren Schlaganfällen in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung, seine Partnerin sei schon 78 Jahre alt, betonte Terrel. Eine Abschiebung unter diesen Umständen wäre nicht human.