Debatte über Abschiebungen nach Syrien
Thüringens Innenminister Maier wirft Seehofer Populismus vor
Bundesinnenminister Seehofer will Abschiebungen ins Bürgerkriegsland Syrien in manchen Fällen wieder ermöglichen. Bei der Innenministerkonferenz dürfte es darüber Streit geben, der Vorsitzende Georg Maier attackiert Seehofer scharf.
Horst Seehofer neben Georg Maier bei der Innenministerkonferenz im Juni
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Martin Schutt/ dpa
Kurz vor Beginn der Innenministerkonferenz hat deren Vorsitzender Georg Maier den Bundesinnenminister Horst Seehofer scharf attackiert. Anlass ist Seehofers Vorstoß in der Debatte über die Abschiebung von Straftätern nach Syrien.
»Er stößt eine Diskussion an, hat aber keine Lösung. Das finde ich unangemessen«, sagte Maier, der auch Innenminister in Thüringen ist, im Deutschlandfunk. Der SPD-Politiker nannte Seehofers Verhalten »populistisch«. Es gebe weder diplomatische Beziehungen noch direkte Flüge nach Syrien. Man könne die Leute ja nicht mit dem Fallschirm über Syrien abwerfen, sagte Maier.
Der Bundesinnenminister hatte angekündigt, er wolle bei der am Mittwochabend beginnenden Konferenz dafür eintreten, anstelle eines generellen Abschiebestopps künftig zumindest für Straftäter und Gefährder wieder in jedem Einzelfall zu prüfen, ob Abschiebungen nach Syrien möglich sind. Das stieß bei den SPD-Innenministern auf Widerstand.
Unterstützung erhielt Seehofer hingegen aus den eigenen Reihen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte: »Es wird keinen Beschluss für eine weitere Verlängerung des Abschiebestopps nach Syrien geben. Darüber sind sich die Innenminister der Union einig.«
»Unter sicheren, würdigen und dauerhaften Bedingungen derzeit nicht möglich«
Allerdings gibt es im Lager der Konservativen auch kritische Stimmen. Gregor Jaecke, Leiter des Auslandsbüros Irak/Syrien der Konrad-Adenauer-Stiftung, warnte jüngst vor Abschiebungen nach Syrien. Die Bundesregierung müsse sich solchen Vorschlägen »entschieden entgegenstellen«, sagte Jaecke bei einem Informationsgespräch der CDU-nahen Stiftung über die Auswirkungen des Arabischen Frühlings.
In Syrien ringe noch immer Baschar al-Assad mit mehreren Warlords um Einfluss, der »Islamische Staat« sei weiterhin in Terrorzellen aktiv. Zudem liege die Infrastruktur brach, große Teile der Bevölkerung seien vertrieben. »Rückführungen unter sicheren, würdigen und dauerhaften Bedingungen sind derzeit nicht möglich«, sagte Jaecke.
Thüringens Innenminister Maier hält aufgrund der unterschiedlichen Positionen einen Kompromiss für wahrscheinlich – eine Verlängerung des Abschiebestopps um ein halbes Jahr, wie sie bereits bei den vorigen Treffen beschlossen wurde. Ausschlaggebend waren dafür Einschätzungen des Auswärtigen Amts, das keine Region in Syrien als sicher genug einstuft.
Auch Maiers Berliner Amtskollege Andreas Geisel hält Abschiebungen nach Syrien weiterhin für »nicht vertretbar«. Gefährder und schwere Straftäter zurückzuführen, sei zwar im Interesse der inneren Sicherheit, so der SPD-Innensenator zum SPIEGEL. Aber »auch wenn es aus Sicherheitsgründen mitunter schwer zu akzeptieren oder zu vermitteln ist: Man kann Menschen, selbst solchen, die hier als Gefährder oder schwere Straftäter bekannt sind, nicht in ein Land zurückschicken, in dem sie von Verfolgung oder mit dem Tod bedroht sind.«
Die Innenministerkonferenz findet wegen der Corona-Pandemie nicht wie geplant in Weimar statt, sondern einige Teilnehmer treffen sich in Berlin, die anderen werden per Videokonferenz zugeschaltet. Am Mittwochabend steht zunächst eine vertrauliche Vorbesprechung auf dem Programm.