Absprache mit AKW-Betreibern Geheimer Atompakt bringt dem Bund Mehreinnahmen

Kühlturm an den AKW Isar 1 und 2: Die Absprache nützt dem Bund - warum hielt die Regierung sie bisher geheim?
Foto: Miguel Villagran/ Getty ImagesBerlin - Der Atomkompromiss der schwarz-gelben Koalition könnte für die Stromerzeuger teurer werden als bislang bekannt. Die ab 2017 von den Konzernen zu leistenden Zahlungen in den neuen Energiefonds seien sowohl an die Inflationsrate als auch an die Entwicklung der Strompreise gekoppelt, berichteten die "Süddeutsche Zeitung" und die "Financial Times Deutschland (FTD) am Donnerstag unter Berufung auf eine bislang geheime fünfseitige Vereinbarung zwischen Regierung und den Konzernen.
Stiegen die Großhandelspreise über 63 Euro je Megawattstunde, schöpfe der Staat zusätzlich zu den vereinbarten neun Euro je Megawattstunden die Hälfte der Differenz ab, berichtete die "FTD" vorab. Bei 70 Euro seien das weitere 3,50 Euro je Megawattstunde. Damit könnte der Staat deutlich mehr als die bisher genannten rund 30 Milliarden Euro aus der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke einnehmen.
Nach Darstellung der "Süddeutschen Zeitung" müssen die Konzerne für die Zeit bis Anfang 2017 auch eine Vorauszahlung von insgesamt 1,4 Milliarden Euro an den Energiefonds leisten. 2011 und 2012 seien je 300 Millionen Euro fällig, von 2013 bis 2016 je 200 Millionen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf das noch unveröffentlichte Eckpunktepapier. Diese Vorauszahlungen würden auf künftige Beitragszahlung der Betriebe angerechnet, doch müsse der Bund sie nicht zurückzahlen, sollte die nächste Regierung die Laufzeitverlängerung wieder kippen. Aus dem Fonds sollen die Förderung der erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz finanziert werden.
Warum die Regierung die Vereinbarung bislang unter Verschluss gehalten hat, ist unklar. Nach dem Treffen am Sonntag war die Koalition heftig kritisiert worden. Der Verdacht, die Koalition habe sich nicht der Kungelei mit den Atomkonzernen verdächtig machen wollen, wurde nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" in Regierungskreisen jedenfalls zurückgewiesen. "Es war doch immer klar, dass ein so komplexer Sachverhalt nicht auf Zuruf geregelt werden kann, sondern schriftlich fixiert werden muss", hieß es. "Alles andere wäre doch absurd." Im Übrigen handele es sich noch nicht um das endgültige Vertragswerk, sondern lediglich um eine Art Vorvereinbarung mit den Atomkraft-Betreibern.
SPD und Grüne wollen Veröffentlichung des Atomdeals
SPD und Grüne forderten die Regierung zur Offenlegung der Vereinbarung auf, die nach deren Angaben schon mit den Betreiberfirmen der Atomkraftwerke unterzeichnet wurde. Der Eindruck, dass es Geheimabsprachen mit den Atomkonzernen gebe, sei "unerträglich" und stehe "im Widerspruch zur Verfassung", schrieben die Grünen-Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der geschäftsführende SPD-Fraktionschef Joachim Poß bezeichnete in einem Brief an Merkel die Geheimhaltung als einen unhaltbaren Zustand für eine offene Demokratie.
Trittin kündigte in der "Rhein-Zeitung" eine Klage der Fraktion gegen den Atomkompromiss an. Auch die SPD-Bundestagsfraktion erwägt eine Klage. "Wir halten die Laufzeitverlängerungen verfassungsrechtlich für nicht haltbar", sagte Poß der "Rheinischen Post". "Es ist möglich, dass wir als Bundestagsfraktion selbst gegen die Laufzeitverlängerungen klagen."