Abstimmung über Isaf-Mandat Bundestag verlängert Afghanistan-Einsatz
Berlin - Der Bundestag hat am Donnerstag über die Verlängerung des -Mandats in Afghanistan entschieden. Die Mehrheit von Union, FDP und SPD stimmte für ein weiteres Jahr der Bundeswehr am Hindukusch. Die Grünen enthielten sich mehrheitlich, die Linke stimmte dagegen.
Das Mandat wurde bis zum 13. Dezember 2010 verlängert. 445 Parlamentarier votierten für den Antrag der Bundesregierung, 105 lehnten ihn ab, 43 Abgeordnete enthielten sich. Ein positives Votum galt im Vorfeld als sicher.
Der mittlerweile größte Auslandseinsatz der wurde Anfang 2002 gestartet. Im Rahmen der Schutztruppe Isaf (International Security Assistance Force) war die Bundeswehr zunächst in eingesetzt, später wurde die Mission vor allem auf den Norden Afghanistans ausgedehnt. Zum Mandat gehört auch die Luftaufklärung mit den Luftwaffen-Jets vom Typ "Tornado", die seit 2007 über ganz Afghanistan fliegen. Die Kosten für die Mandatsverlängerung werden auf 820,7 Millionen Euro beziffert.
Gegenwärtig sind rund 4500 deutsche Soldaten in Afghanistan stationiert. Die Obergrenze des Isaf-Mandats ist damit erreicht. Angesichts der Forderungen von US-Präsident Barack Obama nach einer Aufstockung der internationalen Truppen unter Nato-Führung ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Zahl der nach Afghanistan entsandten Bundeswehr-Soldaten im nächsten Jahr außerplanmäßig erhöht wird. Dazu wäre dann ein neuer Bundestagsbeschluss nötig.
Guttenberg: Kunduz-Luftangriff "nicht angemessen"
Bundeskanzlerin will sich mit einer Entscheidung darüber bis nach der internationalen Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London Zeit lassen. Die Konferenz soll Aufschluss darüber geben, wie der internationale Einsatz zukünftig gestaltet wird und wann er beendet werden kann. Die US-Regierung signalisierte am Donnerstag Verständnis für die Haltung der Bundesregierung. Obama hat den Beginn des Abzugs für Mitte 2011 in Aussicht gestellt.
Kurz vor der Abstimmung teilte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) überraschend die neue Einschätzung zum umstrittenen Luftschlag von Kunduz mit. Dieser sei nach Einsicht in alle Unterlagen objektiv "militärisch nicht angemessen" gewesen.Zugleich äußerte Guttenberg "volles Verständnis" für Oberst Georg Klein, der Anfang September den Luftangriff mit bis zu 142 Toten befohlen hatte. Klein habe "subjektiv von der militärischen Angemessenheit seines Handelns" ausgehen können.
Weniger Unifil-Soldaten, längerer Anti-Terror-Einsatz
Der Bundestag entschied am Donnerstagabend auch über die Verlängerung des deutschen Marine-Einsatzes vor der libanesischen Küste. Eine klare Mehrheit von 500 Abgeordneten stimmte für die Fortsetzung der Mission, mit der vor allem der Waffenschmuggel unterbunden werden soll. 82 Parlamentarier stimmten dagegen, zehn enthielten sich.
Die zulässige Obergrenze der deutschen Einsatzkräfte wird von derzeit 1200 Bundeswehr-Soldaten auf 800 gesenkt. Hintergrund der Reduzierung sind grundsätzliche Zweifel der FDP, die als Oppositionspartei noch gegen eine Beteiligung an der sogenannten Unifil-Mission gestimmt hatte. Dass die Freidemokraten jetzt einer Verlängerung des Mandats zustimmten, begründete der FDP-Abgeordnete Hellmut Königshaus mit der zugesagten außenpolitischen Kontinuität. Zugleich sprach er sich aber dafür aus, die deutsche Beteiligung an dem Einsatz im kommenden Jahr auslaufen zu lassen.
Eine weitere Abstimmung stand über den US-geführten Anti-Terror-Einsatz an: Gegen die Stimmen der Opposition verlängerte der Bundestag am das Mandat für die umstrittene "Operation Enduring Freedom" (OEF). Insgesamt 322 Abgeordnete stimmten für eine Fortsetzung der Mission, 266 Parlamentarier gegen den Einsatz. Auch die SPD, die als Regierungspartei in den vergangenen Jahren immer zugestimmt hatte, votierte diesmal gegen eine Verlängerung des Mandats.
Im Rahmen von OEF sind derzeit 260 deutsche Soldaten vor der afrikanischen Küste stationiert. Formal hat dieser Einsatz nichts mit der europäischen Anti-Piraterie-Mission "Atalanta" zu tun. Allerdings gibt es immer wieder Überschneidungen.
Die Positionen der Parteien zum Afghanistan-Einsatz
Die Union will die Gefahr bannen, dass "Instabilität und Terror" von Afghanistan aus auch auf Deutschland ausstrahlen. Mit Blick auf den deutschen Einsatz betont die Union, dass militärische Sicherheit und ziviler Aufbau voneinander abhängig seien. "Ohne Sicherheitspräsenz ist kein Wiederaufbau, ohne Erfolge beim Wiederaufbau keine Reduzierung der Sicherheitspräsenz möglich." CDU und CSU wollen den Afghanistan-Einsatz zeitlich nicht konkret begrenzen. Sie machen vielmehr "tragfähige staatliche Strukturen" zur Voraussetzung für eine "spätere Reduzierung und schließlich zur Beendigung" des militärischen Engagements. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte im September 2009 aber eine deutliche Verbesserung der Lage bis zum Jahr 2014.
Auch die SPD fordert, Afghanistan dürfe nicht wieder zum Zufluchtsort für Terroristen werden. Die Partei wirbt im Wahlprogramm für eine Kombination aus zivilgesellschaftlicher und entwicklungspolitischer Hilfe sowie einem "zivil-militärischen Ansatz", der auf die verstärkte Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte zielt. Kanzlerkandidat und Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier fordert nun außerdem, "die Grundlagen für den Abzug der Bundeswehr" zu schaffen. In einem Zehn-Punkte-Plan hat er die Bedingungen für das Ende des deutschen Engagements definiert. Bis 2011 soll demnach im von Deutschland kontrollierten Norden Afghanistans "eine angemessen ausgebildete Polizei" existieren.
Die FDP würdigt den deutschen Afghanistan-Einsatz. Er habe dazu beigetragen, "dass das Land bislang nicht wieder zum zentralen Rückzugsort für international agierende Terroristen geworden ist". Es sei allerdings versäumt worden, den Aufbau effizienter Regierungs-, Verwaltungs- und Sicherheitsapparate voranzutreiben. Dieses Versäumnis habe auch die Bundesregierung mit zu verantworten. Die FDP will in diesem Bereich mehr Tempo machen, "um den Zeitraum des Einsatzes der internationalen Truppen zu begrenzen". Sie fordert zudem einen stärker regionalen Ansatz und die Einbeziehung von Ländern wie Pakistan, Russland, China und Iran. Die FDP hält die internationale Truppenpräsenz für eine "Übergangszeit" weiterhin für erforderlich.
Die Grünen kritisieren die bisherige Afghanistan-Strategie wegen
ihrer "Dominanz militärischer Lösungen". Ein so verstandener "Krieg
gegen den Terror" sei nicht zu gewinnen. Deswegen müsse der
US-geführte Anti-Terror-Einsatz "Enduring Freedom" (OEF) sofort
beendet werden. Trotz aller Kritik bekennen sich die Grünen aber
grundsätzlich zur "Verantwortung für Afghanistan und zu einem
Engagement, das den Aufbau des Landes in den Mittelpunkt stellt".
Eine Weiterführung des deutschen Einsatzes wollen die Grünen nur
unterstützen, wenn ein Strategiewechsel hin zu mehr zivilem
Engagement umgesetzt wird.
Die Linke fordert, "die Bundeswehr sofort aus Afghanistan abzuziehen". "Auslandskriegseinsätze" - auch unter Uno-Mandat - lehnt sie kategorisch ab. Die Linke wirft der Nato vor, ihre eigentliche Absicht beim Einsatz in Afghanistan sei es, "sich als globale Interventionsmacht zu zeigen". Ein militärischer Sieg im sogenannten Anti-Terror-Krieg sei unmöglich.