Aufstieg der AfD SPD-Fraktionschef Oppermann findet Merkel zu wenig konservativ

Am rechten Rand bleibt zu viel Platz: Thomas Oppermann hat Kanzlerin Merkel eine Mitschuld am Erstarken der AfD gegeben. Viele Konservative fühlten sich in der CDU nicht mehr heimisch, kritisiert der SPD-Fraktionschef.
SPD-Fraktionschef Oppermann (Januar 2015): "Auch nicht-extreme Wähler wandern zur AfD ab"

SPD-Fraktionschef Oppermann (Januar 2015): "Auch nicht-extreme Wähler wandern zur AfD ab"

Foto: Maurizio Gambarini/ picture alliance / dpa

Inhaltlich dürfte Thomas Oppermann den wenig konservativen Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßen - strategisch hält ihn der SPD-Bundestagsfraktionschef für falsch. Diese Ausrichtung sei mitverantwortlich für das Erstarken der AfD. "Bodenständige Konservative haben in der CDU keine politische Heimat mehr", sagte der Sozialdemokrat in der "Welt am Sonntag" .

"Merkel macht Millionen Bürger politisch heimatlos", kritisierte Oppermann. Das sei ein schweres Versäumnis und "ein Grund dafür, dass auch nicht-extreme Wähler zur AfD abwandern".

Oppermann thematisiert damit ein strategisches Dilemma der Unionsparteien: Gerade aus dem konservativen Flügel wird Merkel seit Längerem der Vorwurf gemacht, die CDU zu weit in die politische Mitte geführt zu haben - von einer Sozialdemokratisierung ist die Rede. Vor allem die inzwischen deutlich liberale Haltung der Partei in Fragen der Gleichberechtigung von Frauen oder gleichgeschlechtlicher Partnerschaften sowie die aufgeschlossene Flüchtlingspolitik mache die CDU für konservative Schichten nur noch schwer wählbar, heißt es dort.

Bisher allerdings warf die SPD der Union im Umgang mit der AfD eher das Gegenteil einer zu liberalen Haltung vor. Der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner hatte vor Kurzem die CSU scharf kritisiert, weil sie sich bei der AfD anbiedere und teilweise sogar deren Parolen übernehme. "Und die CDU tut nichts", hatte Stegner beklagt.

Auch Gysi findet die Union zu links

Eine ähnliche Sicht wie Oppermann bekundete übrigens auch der Linken-Patriarch Gregor Gysi vor Kurzem im SPIEGEL. Die AfD könne nur überwunden werden, wenn die Union in der Opposition lande - "erst dann kann sie wieder eine Haltung einnehmen, die die AfD überflüssig macht", so Gysi. Allerdings dürfte sich diese Aussage vor allem an die eigene Partei gerichtet haben: Die Linke, so führte Gysi im SPIEGEL weiter aus, sei daher verpflichtet, für eine rot-rot-grüne Koalition Kompromisse einzugehen - eine klare Aufforderung an den linksdogmatischen Flügel um Sahra Wagenknecht.

Auch Oppermanns Kritik an Merkel dürfte zumindest zum Teil parteistrategischen Überlegungen entspringen: Die SPD ist seit Jahren politisch zwischen der in die Mitte gerückten Union auf der einen und Grünen sowie Linken auf der anderen Seite eingezwängt und verharrt in Umfragen bei rund 25 Prozent der Wählerstimmen. Ein Rechtsruck der Union könnte ihr Wähler bringen, die sich politisch in der Mitte verorten.

Denn auch aus Oppermanns Sicht liegt die Ursache für den Zulauf zur AfD nicht am mangelnden konservativen Profil der Bundeskanzlerin, wie der Fraktionschef der "Welt am Sonntag" weiter sagt. Grund sei vielmehr vor allem, dass der Staat in der Flüchtlingskrise insgesamt ein hilfloses und chaotisches Bild abgegeben habe. Auch dies sei aber ein Versäumnis der Unionsparteien, die etwa seit 2005 die Verantwortung für das Innenministerium und damit auch für das Bundesamt für Migration und Flüchtlingen tragen, das mit veralteter Technik arbeitet und dringend modernisiert werden müsse.

In diesem Zusammenhang warf der SPD-Fraktionschef der Kanzlerin vor, Illusionen über die Dimension der Herausforderung zu wenig entgegenzutreten. "Frau Merkel muss den Menschen die ungeschminkte Wahrheit über die Integration und ihre Schwierigkeiten sagen. Leider hat die Union bisher kein Konzept vorgelegt."

fdi/dpa
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