Nach Anti-Islam-Beschluss Kommt der AfD-Chef in die Moschee...

Die AfD hat sich einen strikten Anti-Islam-Kurs verordnet. Nun besuchte Parteichef Meuthen eine Moschee. Auch Kollegin Petry wird eine Einladung des Zentralrats der Muslime wohl annehmen.
AfD-Vorstandssprecher Jörg Meuthen und Frauke Petry

AfD-Vorstandssprecher Jörg Meuthen und Frauke Petry

Foto: Marijan Murat/ dpa

Es ist ein eindeutiges Bekenntnis: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland." So lautet ein zentraler Satz, den sich die AfD erst am Wochenende in ihr erstes Grundsatzprogramm geschrieben hat. Das Minarett lehnt die Partei darin als "islamisches Herrschaftssymbol" ebenso ab wie den Ruf des Muezzins.

Zwei Tage später nun suchte Jörg Meuthen, einer der beiden Vorstandssprecher der Partei, eine Moschee im baden-württembergischen Weil der Stadt auf. Empfangen wurde der Landes- und Fraktionschef am Dienstag in der Qamar-Moschee vom Pressesprecher der Gemeinde.

Wie passt das zusammen? Ist das Ganze ein PR-Aktion, mit der die Rechtspopulisten auf die öffentliche Kritik gegen ihren Kurs reagieren? "Dialog ist immer gut, ich für meinen Teil stehe bereits in Kontakt zu weiteren muslimischen Spitzenverbänden", sagte Meuthen SPIEGEL ONLINE über seinen Besuch. Die Einladung sei von der Gemeinde ausgegangen, heißt es in der AfD.

Die muslimische Gemeinde in Weil der Stadt gehört zur Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ), einer im 19. Jahrhundert in Indien gegründeten muslimischen Bewegung, die nach eigenen Angaben weltweit Millionen Anhänger zählt, jedoch in den meisten islamischen Staaten nicht anerkannt wird.

Die Gemeinde hat in Deutschland rund 40.000 Mitglieder und innerhalb der verschiedenen muslimischen Gruppen und Verbände eine herausgehobene Position: Als erste muslimische Gemeinde wurde den Ahmadiyyas der Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts zuerkannt, 2013 in Hessen, später auch in Hamburg. Die AMJ ist damit als erste muslimische Gemeinde den christlichen Kirchen rechtlich gleichgestellt, sie kann zum Beispiel Islamunterricht an Grundschulen geben und von ihren Mitgliedern Steuern erheben.

Vorsitzender der AMJ in Deutschland ist Abdullah Uwe Wagishauser, der einst bei einer Indienreise in den späten Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts zur Gemeinde fand. Wagishauser selbst nahm am Gespräch mit Meuthen nicht teil, er ist derzeit in Großbritannien unterwegs. Das Treffen mit dem AfD-Chef verteidigt er: Es sei immer besser, miteinander als übereinander zu reden. "Anscheinend gibt es in der AfD Personen, die das auch beabsichtigen, diese Chance wollen wir der Partei auch geben", sagte Wagishauser SPIEGEL ONLINE. Er hoffe, dass es auch in der AfD "gemäßigte Vertreter" gebe - daher suche man den Kontakt.

Die AMJ habe bereits vereinbart, auch mit einem Vertreter eines ostdeutschen AfD-Landesverbandes zu sprechen, zudem sei seine Gemeinde in Ostdeutschland mit Infoständen unterwegs. "Was die AfD beschlossen hat, fördert nicht gerade die Entspannung der Atmosphäre in diesem Land", sagte Wagishauser.

Trifft Petry auch den Zentralrat der Muslime?

Meuthens Treffen in der Moschee soll nicht der einzige Kontakt zwischen der AfD-Spitze und hiesigen Muslimen bleiben. Bereits in der vergangenen Woche hat der Zentralrat der Muslime Frauke Petry, neben Meuthen Co-Vorsitzende der Partei, schriftlich eingeladen, um über die "Flüchtlingskrise, Islamfeindlichkeit sowie über Rechtsextremismus und religiösen Extremismus in unserem Land" zu diskutieren.

Der Zentralrat bot ihr ein Treffen in den Räumen der Bundesgeschäftsstelle des Zentralrats an - in Köln oder Berlin. Petry selbst hatte in Interviews ihre grundsätzliche Bereitschaft zum Gespräch beteuert. Schriftlich liegt allerdings von ihr noch keine Zusage beim Zentralrat vor.

Nach Angaben aus der AfD ist Petry derzeit im Urlaub. Aus ihrem Umfeld hieß es am Mittwoch jedoch, es sei davon auszugehen, dass es tatsächlich zum Gespräch mit dem Zentralrat der Muslime komme. Petrys Co-Vorsitzender Meuthen, der den Islam-Kurs seiner Partei verteidigt, begrüßte das Angebot des Zentralrats: "Wir haben uns über die Einladung gefreut."

Es dürfte kein einfaches Treffen werden. Zentralratsvorsitzender Aiman Mazyek hatte die AfD zuletzt mit scharfen Worten kritisiert. Zum ersten Mal seit Hitler-Deutschland gebe es eine Partei in Deutschland, "die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht", sagte er dem Sender NDR Info.

Der Vorsitzende des Zentralrats hofft, dass die Begegnung trotz seiner deutlichen Kritik zustande kommt. "Wir wollen wissen, woher diese Ablehnung des Islam, auch dieser Hass herkommt", sagte er zu SPIEGEL ONLINE. Dafür, so der Zentralratsvorsitzende, sei ein persönliches Gespräch mit der AfD-Spitze nützlich. "Wer weiß", so Mazyek, "vielleicht gibt es ja die eine oder andere Überraschung."

Mitarbeit: Anna Reimann
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