Beobachtung durch Verfassungsschutz Das ist der AfD-"Flügel"

Björn Höcke (Mitte Februar bei einer Pegida-Demonstration in Dresden): Zentrale Figur beim AfD-"Flügel"
Foto: STRINGER/ AFPBeim "Flügel" in der AfD, nun ein Beobachtungsfall für den Verfassungsschutz, gibt es eine Konstante: Seit seinem Bestehen hat die völkisch-nationalistische Gruppierung ihren Einfluss innerhalb der Partei kontinuierlich vergrößert. Die "Erfurter Resolution" vom März 2015 gilt als "Flügel"-Gründungsurkunde. Einer der Initiatoren der Resolution war Björn Höcke, der seitdem als Galionsfigur der äußersten Rechten in der AfD gilt.
Die Resolution wendet sich gegen eine Anpassung der AfD an den "etablierten Politikbetrieb", die Partei müsse stattdessen "Widerstandsbewegung" bleiben. Es heißt darin, die AfD müsse eine "grundsätzliche, patriotische und demokratische Alternative zu den etablierten Parteien" und eine "Bewegung unseres Volkes" gegen "Gesellschaftsexperimente" wie Gender Mainstreaming und Multikulturalismus sein.
So setzte sich der "Flügel" von Anfang an - entgegen der Linie der Parteiführung - für eine Zusammenarbeit mit der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung ein. "Flügel"-Vertreter fielen immer wieder durch NS-Rhetorik auf. Inzwischen wird etwa ein Fünftel der AfD dem "Flügel" zugerechnet, der Verfassungsschutz schätzt den Kreis auf etwa 7000 Personen. Wie viele es genau sind, ist unklar. Mitgliederlisten führt der "Flügel" keine.
Erfolg mit "Flügel"-Kandidaten bei Landtagswahlen 2019
Höckes wichtigster Mitstreiter, der brandenburgische AfD-Chef Andreas Kalbitz, pflegte lange enge Kontakte ins rechtsextreme Lager. Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang sagt über Höcke und Kalbitz: "Beide sind Rechtsextremisten."
Anfang 2019 wurde der "Flügel" als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz eingestuft. Die Wähler schreckte das nicht ab - ebenso wenig wie ein Gerichtsbeschluss vom September, wonach der Thüringer Landes- und Fraktionschef Höcke als "Faschist" bezeichnet werden darf.
Im Gegenteil: Bei den drei Landtagswahlen im vergangenen Herbst konnte die AfD mit ihren "Flügel"-Kandidaten kräftig punkten: 23,5 Prozent für Kalbitz in Brandenburg, 23,4 Prozent für Höcke in Thüringen und 27,5 Prozent in Sachsen.
Bundesparteitag: "Flügel" baute Macht in der Partei aus
Die Wahlerfolge vergrößerten den "Flügel"-Einfluss in der Gesamtpartei: Auf dem Bundesparteitag Ende 2019 in Braunschweig verloren "Flügel"-kritische AfD-Politiker ihre Posten in der Parteiführung. Stattdessen wurden rechts außen gestärkt: Der als Scharfmacher bekannte Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner wurde stellvertretender Parteivorsitzender, Stephan Protschka aus Bayern wurde Beisitzer. Kalbitz, der als eigentlicher Stratege der völkisch-nationalen Gruppierung gilt, wurde als Beisitzer wiedergewählt.
Vor allem AfD-Fraktionschef Alexander Gauland hob immer wieder die Bedeutung des "Flügels" in der Partei hervor. Auf bis zu 40 Prozent schätzte er schon vor einem Jahr den Anteil der AfD-Mitglieder, die der "Flügel" hinter sich versammeln könne.
Wie sehr sich die AfD gewandelt hat, zeigt sich daran, dass einst gegen Höcke ein Parteiausschlussverfahren angestrebt wurde, das letztlich scheiterte. Inzwischen ist er aus der Partei nicht mehr wegzudenken. "Herr Höcke rückt die Partei nicht nach rechts, Herr Höcke ist die Mitte der Partei", sagte Gauland - damals noch AfD-Bundesvorsitzender - nach der Wahl in Thüringen.
Die Beobachtung des "Flügels" durch den Verfassungsschutz könnte die Partei vor Probleme stellen. Beim Zuspruch der Wähler stagnierte die AfD zuletzt. Sie lag bundesweit zwischen elf und 14 Prozent.
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