AfD-Machtkampf Petry stellt Luckes Kandidatur infrage

AfD-Vorstandssprecher Lucke und Petry: Für wen läuft die Uhr ab?
Foto: Hannibal Hanschke/ picture alliance / dpaDas Ziel war eigentlich klar: Auf dem kommenden Bundesparteitag in Kassel wählen die Delegierten der AfD zwei Vorsitzende und lösen damit das bisherige Dreiermodell von drei gleichberechtigten Vorstandssprechern ab. Im Dezember sollten sich die Eurokritiker dann auf einem weiteren Parteitag ein Programm geben und die Führungsstruktur weiter verschlanken - auf einen Vorsitzenden plus Generalsekretär. Als künftiger Allein-Vorsitzender war Mitgründer Bernd Lucke im Gespräch.
Doch dieser Plan steht angesichts der derzeitigen Machtkämpfe wohl zur Disposition. Nachdem Lucke als Vorstandssprecher zusammen mit vier Europaabgeordneten die Initiative "Weckruf 2015" gestartet hat, die sich gegen den rechtskonservativen Flügel wendet, kam flugs der Konter. Frauke Petry - neben Lucke und Konrad Adam bislang eine der drei gleichberechtigten Vorstandssprecher - will auf dem Parteitag Mitte Juni eine Wahl Luckes in die geplante Doppelspitze verhindern. Stattdessen schlägt sie einen der Mitstreiter Luckes vor - Joachim Starbbaty. Der Volkswirt ist Mitunterzeichner der "Weckruf"-Initiative und Europaabgeordneter, ist aber bislang in Führungsfragen der Partei eher unauffällig geblieben.
Eine Mitwirkung von Lucke in der Parteispitze sei nach der Gründung seiner Initiative "Weckruf 2015" nicht mehr denkbar, argumentiert Petry. Sie könne sich dagegen durchaus eine Zusammenarbeit mit Starbatty als Vertreter des wirtschaftsliberalen Flügels vorstellen. Auch warb Petry für eine erneute Satzungsänderung. Die Doppelspitze, die ab dem kommenden Bundesparteitag eigentlich nur für ein halbes Jahr gelten soll, will sie dauerhaft festschreiben lassen.
Damit geht der interne Streit in eine weitere Runde. Eine direkte Kandidatur gegen Lucke hatte Petry - die sächsische AfD-Landes- und Fraktionschefin ist - bislang abgelehnt, sich aber bereit erklärt, für den zweiten Posten in der Doppelspitze anzutreten. Bei diesem Schritt wolle sie auch bleiben, hieß es aus Parteikreisen gegenüber SPIEGEL ONLINE: "Sie setzt nach wie vor auf Kooperation, trotz allem."
Gauland sieht keine Lösung durch den "Weckruf"
Ob der Vorschlag einer Kandidatur Starbattys allerdings auf Seiten Luckes Gehör finden wird, ist fraglich. In den vergangenen Wochen hatte Lucke nicht den Eindruck gemacht, auf eine Kandidatur für den Vorsitz verzichten zu wollen. Stattdessen war explizit Petry in dem "Weckruf"-Papier gebeten worden, sich der Lucke-Initiative anzuschließen. Auch der frühere AfD-Vize Hans-Olaf Henkel hatte in einem Interview mit SPIEGEL ONLINE sowohl Petry als auch den Parteivize und Brandenburger Landeschef Alexander Gauland als Vertreter des konservativen Lagers eingeladen, sich der Initiative "Weckruf" anzuschließen.
Davon scheinen weder Petry noch Gauland etwas wissen zu wollen. Gauland wertete den "Weckruf 2015" als "innerparteiliches Kampfinstrument". Aus seiner Sicht sei dies eine Drohgebärde und nicht sinnvoll, weil sie die Gefahr in sich berge, die Partei zu spalten, sagte Gauland in Potsdam.
Wie Lucke mit seiner Initiative die Partei retten wolle, sehe er nicht so recht. Petry erklärte: "Eine juristische Prüfung des durch Bernd Lucke gegründeten Vereins Weckruf 2015 hat ergeben, dass dieser gegen die geltende AfD-Satzung verstößt."
Dass die Verhältnisse an der AfD-Spitze zerrüttet sind, räumte Lucke offen ein. Am Sonntag habe er Petry zu einem Gespräch gebeten - als "letzten Einigungsversuch", so Lucke am Dienstag im Gespräch mit Journalisten in Straßburg. Weil Petry aber darauf beharrte, einen Widersacher Luckes mit dabei zu haben - den NRW-Landesvorsitzenden Marcus Pretzell - kam das Treffen nicht zustande.
Am Montag wollte Lucke eine E-Mail an die AfD-Mitglieder senden, um sie über die Gründung des "Weckrufs" zu informieren. Sein Zugang zum AfD-E-Mail-Manager war - wie der des gesamten Vorstands - gesperrt worden, auf Betreiben Petrys und des dritten Co-Vorsitzenden Adam.