Hessen FDP-Abgeordneter wechselt zur Anti-Euro-Partei
Wiesbaden/Frankfurt - Die euroskeptische Partei Alternative für Deutschland (AfD) hat mit dem Parteiwechsel des hessischen Politikers Jochen Paulus (bislang FDP) den ersten Mandatsträger in ihren Reihen. Doch nicht nur der FDP macht die neugegründete Partei der Euro-Skeptiker Mitglieder abspenstig: Neben CDU und FDP verlor auch die SPD bisherige Genossen an die AfD.
Nach SPIEGEL-Informationen haben die etablierten Parteien bislang fast 2800 Mitglieder an die Anti-Euro-Bewegung verloren. Das zeigt die jüngste Mitgliederstatistik der AfD, die sich am 6. Februar gegründet hatte. Den größten Aderlass gab es von CDU (1008) und FDP (587), dicht gefolgt allerdings von den Sozialdemokraten (558). Insgesamt gaben 2795 Neumitglieder der AfD in ihrem Beitrittsantrag an, früher einer anderen Partei angehört zu haben.
Der hessische Landtagsabgeordnete Jochen Paulus, 43, ist nun das erste Mitglied der AfD mit Landtagsmandat. Das bisherige FDP-Mitglied Paulus gab am Sonntag auf dem Gründungsparteitag der AfD Hessen in Frankfurt seinen Austritt bei den Liberalen bekannt. Paulus erklärte, er sei am Sonntagmorgen der AfD beigetreten und sei nun fraktionslos im Landtag. Grund für seinen Übertritt sei "der wahnsinnige Euro-Unterstützungskurs" der FDP.
Ehemalige Parteifreunde attackieren Paulus
Die FDP reagierte zornig und verlangt von Paulus, seinen Sitz im Parlament aufzugeben. Seine bisherigen Parteifreunde wollen nicht hinnehmen, dass das bisherige Mitglied der hessischen FDP-Fraktion weiter im Landtag von Wiesbaden sitzt. "Ich erwarte von ihm, sofort sein Landtagsmandat zurückzugeben", sagte Hessens FDP-Fraktionschef Wolfgang Greilich.
Paulus habe seit Monaten "seine Verpflichtungen aus dem Mandat nicht wahrgenommen, seitdem ihm klar wurde, dass die FDP ihn nicht wieder nominieren würde". Auch der FDP-Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn kritisierte, Paulus habe sich mit ärztlichen Attesten "seinen Mandatspflichten entzogen".
Neben Paulus soll auch die Wiesbadener Stadtverordnete Brigitte Susanne Pöpel den Euroskeptikern beigetreten sein, meldete die AfD. Pöpel hatte die FDP vergangenes Jahr verlassen. Zum Gründungsparteitag des hessischen Landesverbands kamen den Organisatoren zufolge rund 450 Mitglieder. Die Partei will zur Landtagswahl am 22. September antreten. Bundessprecher Konrad Adam betonte, dass der Einzug in den Bundestag für die Partei Priorität habe.
Insgesamt zählte die Partei AfD derzeit gut 10.000 Mitglieder. Sorge macht Parteichef Bernd Lucke laut SPIEGEL derzeit die Geschlechterverteilung in der Partei: 86 Prozent der Mitglieder sind Männer. In Nordrhein-Westfalen, dem stärksten Landesverband, hat die AfD mit 1946 Mitgliedern schon fast die Zahl der 2000 Unterstützer erreicht, die für eine Kandidatur zur Bundestagswahl nötig ist. Weitere Hochburgen sind Bayern (1541 Mitglieder) und Baden-Württemberg (1368). Schwach aufgestellt ist die Partei in Berlin und in den ostdeutschen Ländern. Aktuellen Umfragewerten zum Trotz, die die AfD im Bund zuletzt bei drei Prozent sahen, glaubt Parteichef Lucke weiter daran, in den Bundestag einzuziehen.