Vorsitz der Bundestagsausschüsse Union und Grüne akzeptieren AfD-Kandidaten - Linke zögert

AfD-Abgeordneter Stephan Brandner
Foto: DPA/ Arifoto Ug/ Candy WelzDie Bundestagsfraktionen der Grünen und der Union akzeptieren die Nominierung des Thüringer Juristen Stephan Brandner zum Vorsitzenden des Rechtsausschusses. Das berichtet die "Bild"-Zeitung. Der Grünen-Rechtsexperte Konstantin von Notz sagte der Zeitung, er werde "das akzeptieren", sich aber "nie damit abfinden, wenn Rechtsstaatsverächter solche Positionen besetzen".
Die Rechtsexpertin der Union, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), sagte, ihre Fraktion respektiere "selbstverständlich", "dass die Wähler der AfD demokratische Verantwortung übertragen haben". Mit dem konkreten Vorschlag tue sich ihre Fraktion "allerdings schon schwer", sagte sie und verwies auf "Äußerungen in der Vergangenheit, die mit der Bedeutung des Rechtsausschussvorsitzes und den Anforderungen an dieses Amt nicht zusammengehen".
Die AfD übernimmt auch den Vorsitz des Haushalts- und des Tourismusausschusses. Der Vorsitz des Haushaltsausschusses wird üblicherweise von der stärksten Oppositionsfraktion besetzt, welche bei Zustandekommen einer erneuten Großen Koalition die AfD sein wird.
Die Linkspartei plant in diesem Ausschuss offenbar, Widerspruch gegen den AfD-Kandidaten Peter Boehringer einzulegen. Die Linke akzeptiere zwar, dass der AfD drei Vorsitze zustehen, sagte die Linken-Haushälterin Gesine Lötzsch dem "Handelsblatt".
"Allerdings halten wir den Kandidaten nicht für geeignet", fügte sie mit Blick auf Boehringer hinzu. Als Grund nannte Lötzsch frühere Aussagen des AfD-Politikers. "Er hat sich in Blogbeiträgen und E-Mails frauenfeindlich und islamfeindlich geäußert, vor einer Umvolkung gewarnt."
Bei Widerspruch einer Fraktion muss gewählt werden
Die Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse werden normalerweise nicht gewählt, stattdessen sieht die Geschäftsordnung für die Ausschüsse vor, dass die Gremien ihre Vorsitzenden und deren Stellvertreter "bestimmen" - und zwar "nach den Vereinbarungen im Ältestenrat" (lesen Sie hier eine Analyse der Debatte über die AfD-Kandidaten).
Der Ältestenrat hatte sich in der vergangenen Woche auf die Ausschusszuschnitte samt Vorsitzenden verständigt. Dabei war unterstellt worden, dass die Große Koalition erneut zustande kommen wird und damit der wichtige Haushaltsausschuss wieder von der größten Oppositionspartei - diesmal der AfD - geführt wird. So war es bislang parlamentarische Tradition, in der vergangenen Legislaturperiode saß die Linkspartei dem Gremium vor.
Einen Automatismus gibt es bei der Übernahme der Vorsitze nicht. Sollte nämlich ein Vertreter der anderen Fraktionen nach Eröffnung der Sitzungen durch den Bundestagspräsidenten oder einen seiner Stellvertreter gegen einen der AfD-Kandidaten Widerspruch einlegen, müsste es stattdessen zu einer Wahl des oder der Vorsitzenden kommen. Das wäre ein Novum in der Geschichte des Bundestags.
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