Berater der AfD Die merkwürdigen Geschäfte von Insa-Chef Binkert

Insa-Geschäftsführer Binkert (Archivfoto von 2010): "Hoffen, dass Ihnen unser Angebot zusagt"
Foto: imagoEs war eine kleine Überraschung, die in der "Bild"-Zeitung stand: Die AfD sei mit 10,5 Prozent in einer Umfrage bundesweit an dritte Stelle gerückt, habe also Linke und Grüne hinter sich gelassen. In der AfD-Bundeszentrale freute man sich. Auch SPIEGEL ONLINE berichtete darüber. Die Partei war noch lange nicht im Bundestag, aber gefühlt war sie schon drin.
Die guten Zahlen, die nach den Anschlägen von Paris veröffentlicht wurden, stammten aus dem wöchentlichen "Insa-Meinungstrend", der regelmäßig in der "Bild" erscheint. Geschäftsführer des Instituts für neue soziale Antworten - Consulere (Insa) ist kein Unbekannter, sondern Hermann Binkert. Ein ehemaliger CDU-Politiker, der es unter dem früheren Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus einst zum Staatssekretär und Leiter der Landesvertretung in Berlin brachte.
Binkert ist eine schillernde Figur in Thüringen, der im September 2014 Schlagzeilen machte, als er nach mehr als 30 Jahren Mitgliedschaft aus der CDU austrat. Seitdem ist er, wie er sagt, parteilos. Der Mann, dessen Firma in Erfurt sitzt, blieb jedoch nicht untätig, wie Unterlagen zeigen, die SPIEGEL ONLINE vorliegen. Im Herbst desselben Jahres lassen sich geschäftliche Kontakte zur sich gerade formierenden Landtagsfraktion der AfD nachweisen - und zwar über eine Firma, an der der 51-Jährige beteiligt ist.
Binkert ist nicht nur Geschäftsführer des Insa-Consulere, er ist auch Mitgesellschafter der DO Dienstleistungsoffice denken&organisieren, kurz DO. An ihr ist Insa zu 50 Prozent beteiligt, wie er selbst SPIEGEL ONLINE bestätigt. Und dieses Unternehmen DO arbeitete, zumindest zeitweise, der AfD im Landtag zu.
Tausende Euro durch Aufträge von der AfD-Fraktion
Binkert selbst unterbreitete im Namen der DO am 27. Oktober 2014 - sechs Wochen nach der Landtagswahl - in einem Schreiben ein Angebot über die "Ausarbeitung von Redeentwürfen" in Höhe von 1487,50 Euro. "Wir hoffen, dass Ihnen unser Angebot zusagt, und würden uns über Ihren Auftrag sehr freuen. Mit freundlichen Grüßen Ihr DO DienstleistungsOffice-Team Hermann Binkert", heißt es dort. Am Tag darauf erteilte AfD-Fraktionsgeschäftsführer Lutz Klaus per Unterschrift den Auftrag. Es blieb nicht die einzige Leistung.
Manche in Erfurt behaupten, nach dem Ende der Ära von Dieter Althaus (CDU) sei Binkert immer weiter nach rechts gerutscht. Er selbst sieht sich und sein Institut als "politisch neutral". Sicher ist: Über das Unternehmen DO wurden die neuen AfD-Abgeordneten des mittlerweile selbst in der Partei umstrittenen Landes-und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke über Monate beraten. Im November und im Dezember 2014 wurden von der DO jeweils monatliche Dienstleistungshonorare der AfD im Landtag in Rechnung gestellt und auch beglichen. Einmal über 4165 Euro, ein andermal über 8330 Euro, wie Unterlagen und ein Bankauszug belegen.
Die Rechnungsbelege des Unternehmens listen die Leistungen auf (im Wortlaut):
- Erarbeitung eines Arbeitsprogramms für die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, Unterstützung der einzelnen Abgeordneten
- regelmäßiger Gedankenaustausch
- inhaltliche Profilierung
- Hilfestellung bei Redeentwürfen und parlamentarische Initiativen
- Unterstützung beim Abarbeiten von Petitionen
- Pressemitteilungen
- Mediation
- Beratung zur Entwicklung und Umsetzung von Ideen
Am 25. November 2014 erstellte die AfD-Fraktion auch einen zweiseitigen "Vergabevermerk Arbeitsplan", der die Unterschriften des Fraktions- und Landesvorsitzenden Björn Höcke und des Fraktionsgeschäftsführers Lutz Klaus trägt. Darin wird die Zusammenarbeit mit der DO gerechtfertigt. Es bestehe die "Notwendigkeit, schnellstmöglich die volle Arbeitsfähigkeit der Fraktion herzustellen", dazu sei die Aufstellung eines Arbeitsplans "unverzichtbar".
Ein einziges Unternehmen wurde laut dem Anschreiben zur Abgabe eines Angebots aufgefordert - es war das DO. "Dieses ist mehreren Vorstandsmitgliedern persönlich und für seine guten Leistungen im politischen Raum auch allgemein bekannt", begründen die AfD-Politiker Höcke und Klaus den Zuschlag. "Die Beratung der Fraktion, insbesondere zur Erstellung eines Arbeitsprogrammes, wird auf der Grundlage eines Angebots zu einem monatlichen Pauschalpreis von 7000 Euro vergeben", heißt es abschließend.
Binkert rechtfertigt sich
Binkerts Ruf unter den Umfrageinstituten ist umstritten, schon vor dem Einzug der AfD in die Landtage schrieb er 2013 für die Website "Huffington Post" mehrere positiv klingende Artikel über die AfD, in denen es unter anderem heißt, ein Vierteljahrhundert nach der "friedlichen Revolution in der damaligen DDR" scheine es einen "neuen demokratischen Aufbruch" zu geben.
Der Insa-Chef, von SPIEGEL ONLINE mit der DO-Zusammenarbeit konfrontiert, dementiert sie nicht, sagt aber: "Die Unterstellung, Insa würde die AfD in Umfragen besser bewerten als andere Institute, weil das DO für die AfD gearbeitet hat, ist Blödsinn." Die Umfragen zeigten im Vergleich mit anderen Instituten, "dass wir die AfD keinesfalls überbewerten". Die Partei liegt bei allen anderen Instituten mittlerweile bei Werten zwischen acht und neun Prozent, lediglich Infratest dimap erhob kürzlich zehn Prozent. Tatsache ist aber: Nur Insa machte mit dem erstaunlichen 10,5-Prozent-Umfragewert im November die AfD bundesweit zur drittstärksten Partei. Ansatzpunkte für eine unvertretbare Auswertung liegen allerdings nicht vor.
Immer wieder wurde Binkert eine Nähe zur AfD nachgesagt. Im vergangenen Jahr wurde in der Regionalpresse Thüringens verbreitet, er habe gar einen Wechsel zur AfD geplant. Auch von einem Angebot für den Landesvorsitz war die Rede. Dazu sagt er: "Es ist ärgerlich, wenn im Internet und in manchen Medien die Behauptung kursiert, die AfD in Thüringen hätte mir einst einen Führungsposten in der Landespartei angeboten. Das stimmt nicht."