Streit um Stiftung AfD gegen AfD gegen AfD

AfD-Fraktionschefs Weidel, Gauland
Foto: AXEL SCHMIDT/ REUTERSDer AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz arbeitete früher als Staatsanwalt. Er war also von Berufs wegen dafür zuständig, Verdachtsmomente zu prüfen. Neuerdings richtet sich Seitz' Verdacht allerdings gegen eines der wichtigsten Projekte seiner eigenen Partei: die geplante AfD-Stiftung.
Seitz wittert hier illegale Finanzströme und Geheimdienst-Verbindungen. Und das Misstrauen des Juristen könnte die Parteistiftung auf den letzten Metern zu Fall bringen.
Am kommenden Wochenende tagt der Konvent der Partei - eine Art Bundesrat der AfD mit etwa 60 Vertretern aus den Landesverbänden - und als einziger inhaltlicher Punkt steht auf der Tagesordnung: "Anerkennung der Desiderius-Erasmus-Stiftung e.V. als parteinahe Stiftung". Denn nach Jahren der Streitereien hat die AfD-Spitze kürzlich mühsam einen Kompromiss beschlossen, dass von zwei konkurrierenden Modellen die Erasmus-Stiftung vorerst den Zuschlag bekommt.
Weil aber solche Institutionen wie Konrad-Adenauer-Stiftung oder Heinrich-Böll-Stiftung Millionensummen aus Steuergeldern erhalten, weil es um Posten und politischen Einfluss in der Partei geht, prallen in der ohnehin streitlustigen AfD bei diesem Thema gleich drei Konfliktparteien auf einander:
- Die erste, angeführt von Fraktionschefin Alice Weidel, will die Erasmus-Stiftung durchsetzen, die von der ehemaligen CDU-Politikerin Erika Steinbach angeführt wird. Hier zieht Hans Hausberger die Fäden, ein Österreicher mit Wohnsitz am Bodensee und offenbar Vertrauter Weidels, der vor Jahren schon die Republikaner bei der Gründung einer Stiftung zu unterstützen versuchte. Diese Stiftung befindet sich nun auf der Zielgeraden.
- Die zweite Fraktion, angeführt von Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland, bevorzugt die Gustav-Stresemann-Stiftung, benannt nach dem ehemaligen deutschen Reichskanzler und Außenminister. Wegen drohender namensrechtlicher Streitigkeiten der AfD mit den Erben Stresemanns zog diese Gruppe bislang den Kürzeren - aber noch wollen ihre Vertreter nicht aufgeben.
- Am interessantesten aber ist die dritte Konfliktpartei in der AfD, die erst gar keine Stiftung will - schließlich ist die AfD doch einst angetreten, um diese Form der Ausbeutung des Staatssäckels durch die "Kartellparteien" zu beenden. Das dritte Lager dürfte besonders an der AfD-Basis sehr stark sein.
Auf den letzten Metern vor der Konventssitzung bemühen sich nun die zweite und dritte Fraktion nach Kräften, die Anerkennung der Erasmus-Stiftung zu torpedieren. Konventsmitglied Seitz (dritte Fraktion) hat beantragt, das Thema zu vertagen: "Das Stiftungssystem dient nur dazu, Steuergelder zu Parteigeldern zu waschen", sagt er. In seinem Antrag heißt es, die Stiftung werde das "künftige informelle Machtzentrum der Partei sein", und wenn die AfD sie erst anerkannt habe, "wird es keinerlei Einsicht oder Kontrolle mehr geben, aus welchen dritten Quellen die Stiftung sich finanziert".
Seitz zählt sodann auf, wen er zu den möglichen heimlichen Finanziers der Erasmus-Stiftung zählt: "Der israelische oder russische Geheimdienst, das Bankhaus Merck Finck oder auch Bundesnachrichtendienst oder Verfassungsschutz." Ein ehemaliger Staatsanwalt hält die eigene Parteistiftung für von den Geheimdiensten gesteuert?
Die Debatte im Konvent verspricht explosiv zu werden.
Derweil ist auch die unterlegene Stresemann-Stiftung nicht untätig. Ihr Vorsitzender Rainer Gross hat der "lieben Frau Steinbach" am 1. Mai einen Brief geschickt, zwei eng beschriebene Seiten mit Vorwürfen. Leider gebe es von Seiten der Erasmus-Stiftung "unrichtige" Behauptungen und gebrochene Absprachen, "politische Erpressung" gar. So könne es nicht weitergehen, man müsse diese Themen in aller Ruhe klären. "Erst dann kann der Konvent von einer gemeinsamen Stiftungsinitiative mit Sicherheit ausgehen." Gross und Steinbach werden beide in der Konventssitzung auftreten - Parteifreunde befürchten einen giftigen Schlagabtausch.
In ihrer Antwort auf Gross' Brief, die dem SPIEGEL vorliegt, versucht Steinbach die Wogen zu glätten: "Es führt nicht weiter, ständig neue Papiere zu erstellen." Es komme "letztlich auch auf den guten Willen und Vertrauen an".
Viel spricht nun dafür, dass der Konvent sich am Sonntag auf kein Stiftungsmodell einigen kann. Noch dazu will die AfD-Bundestagsfraktion demnächst einen Gesetzentwurf einbringen, der die Rechtslage der politischen Stiftungen als "rechtsstaatswidrig" geißelt und eine Obergrenze für deren staatlichen Förderung einziehen will. "Geldleistungen aus dem Bundeshaushalt" an diese Einrichtungen sollen laut dem Entwurf nur noch "maximal die Höhe des Betrags der jeweils geltenden absoluten Obergrenzen der Parteienfinanzierung" betragen. Und die Gelder sollen in einen Grundbetrag und "zweckgebundene Zuwendungen" für konkrete Projekte geteilt werden.
Nun dürfte den AfD-Konventsmitgliedern einleuchten, dass es ein gewisser Widerspruch ist, wenn die AfD einerseits das Budget für Stiftungen einschränken will, zugleich aber sich selbst eine Stiftung genehmigt.
Auch deshalb könnten die Fundamental-Gegner des politischen Stiftungswesens im Konvent siegen - es droht eine weitere Hängepartie. Parteichef Gauland soll inzwischen so genervt von dem Stiftungsthema sein, dass er allen Gesprächspartnern verbietet, das Thema überhaupt anzuschneiden.