So wurde der AfD-Parteitag mit einer Fake-"Bild" gegen Rechts getrollt

Statt Autowerbung gibt es einen Spendenaufruf für Seenotretter.

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2019 auf bento.de veröffentlicht.

Wenn Punker in der Fußgängerzone "Bild" lesen, ist möglicherweise irgendetwas nicht richtig. Das dachte sich vermutlich auch die Polizei im sächsischen Riesa, als sie am Rande des AfD-Europaparteitags gleich mehrere junge Menschen beim Lesen der Boulevardzeitung antraf, die optisch eher linksalternativ aussahen. Doch spätestens beim Blick auf die Titelseite der Zeitung dürfte auch den Beamten klargeworden sein, dass diese "Bild" nicht echt ist. 

Die vermeintliche "Bild"-Zeitung ist eine Fälschung.

Statt Trennungsschmerz von Florian Silbereisen ist die EU-feindliche Politik der AfD Aufmacherthema ("Deutschland RAUS aus der EU?"), statt Autowerbung gibt es einen Spendenaufruf für Seenotretter. Während es in der echten "Bild" von heute um schlechtes Wetter geht ("So gefährlich wird das Wetter!"), thematisiert die Fake-Ausgabe das Sterben von Flüchtlinge im Mittelmeer. 

Unter der Überschrift "Kriminalstatistik" informiert das Blatt über eine "krasse" Entwicklung: "Deutschland ist so sicher wie seit einem guten Vierteljahrhundert nicht mehr."

Es ist eine Boulevardzeitung, die sich viele Gegnerinnen und Gegner der AfD wohl wünschen würden. 

Bekannt gemacht wurde die Aktion von einer Gruppe, die sich "Modus" nennt. Sie hatte schon die Aktion "Afdentskalender" (bento) im vergangenen Jahr verbreitet. Wer dahinter steckt, ist bislang allerdings unklar.

Auf Nachfrage von bento erklärte die Gruppe jedoch, "mehrere tausend Exemplare" in der sächsischen Stadt verteilt zu haben. Zu der Aktion bekennen wollte sie sich wegen möglicher Konsequenzen vorerst nicht. Doch auch die Polizei bestätigte gegenüber bento, dass die gefälschte Boulevardzeitung an gleich mehreren Orten in Riesa auftauchte, unter anderem am Bahnhof und in einem Einkaufszentrum. Bilder zeigen sie außerdem in Briefkästen und vor Kiosken.

Nach Angaben von "Modus" schafften es auch einige Exemplare in den Saal, in dem die AfD an diesem Wochenende ihr Europawahlprogramm verabschieden will, mit dem möglicherweise auch ein EU-Austritt Deutschlands gefordert wird . Doch nicht nur dort, sondern auch bei den Gegenprotesten sorgte die Zeitung für Aufmerksamkeit. Bilder zeigen, wie junge Menschen mit Irokesenschnitt und Sidecut die "Bild" stolz in die Kamera halten.

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Weniger Spaß verstand dagegen die Polizei. Nachdem die Beamten vor Ort die Aktion bemerkt hatten, wurden die mutmaßlichen Organisatoren kurzzeitig festgesetzt. Mehr als 400 Exemplare der Fake-"Bild" seien beschlagnahmt worden.

Nach Angaben einer Polizeisprecherin wird gegen die Aktivisten jetzt wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Kunsturhebergesetz ermittelt

Wirklich geschadet hat das der Aktion allerdings offenbar nicht. Kurze Zeit später verbreiteten die unbekannten Aktivisten neue Bilder, die die alternative "Bild" noch an ganz anderen Orten zeigten – darunter auch bei der Axel-Springer-Zentrale in Berlin.

Einen negativen Einfluss auf die zahlreichen Proteste gegen die AfD in Riesa hatte die Aktion nicht. Auf Nachfrage bei der Polizeidirektion Dresden zeigte sich die zuständige Sprecherin ziemlich entspannt: "Alles friedlich soweit, jaja."

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