Weidel bei AfD-Europaparteitag Spende Gelände

Die Spendenaffäre überschattet den Europaparteitag der AfD - thematisiert werden die Zahlungen lieber nicht. Auf der Fraktionssitzung am Montag droht Co-Fraktionschefin Alice Weidel jedoch neuer Gegenwind.
Alice Weidel

Alice Weidel

Foto: CLEMENS BILAN/EPA-EFE/REX

Alice Weidel sitzt auf dem Podium. Nicht sehr lange, aber immerhin. Sie lächelt, tauscht gelegentlich ein paar Worte mit Beatrix von Storch aus. Ihre Präsenz auf dem AfD-Wahlparteitag für die Europa-Kandidatenliste ist an sich schon ein Zeichen. Tagelang war von Weidel in der Öffentlichkeit nichts zu sehen.

Die Co-Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion steht wegen zweier Spenden an ihren Kreisverband am Bodensee - eine aus der Schweiz, eine von einer Stiftung aus den Niederlanden - unter Druck. Noch steht eine vollständige Aufklärung aus. Offenbar sind nicht alle Gelder einer der beiden Spenden zurückgezahlt, wie es ursprünglich von der AfD geheißen hatte. Nach Recherchen des SPIEGEL lagern von der Spende aus der Schweiz trotz Rücküberweisung offenbar noch immer rund 8000 Euro auf einem Parteikonto. Diese Summe will die AfD nun - wie es im Parteiengesetz vorgesehen ist - der Bundestagsverwaltung übergeben.

Die Spendenaffäre ist für Weidel noch lange nicht beendet. Die Staatsanwaltschaft Konstanz will gegen Weidel ermitteln, es bestehe der Anfangsverdacht wegen eines Verstoßes gegen des Parteiengesetz, hieß es diese Woche. Ein entsprechendes Schreiben der Staatsanwaltschaft mit der Bitte um Aufhebung ihrer Immunität als Abgeordnete ist mittlerweile beim Bundestag eingegangen, wie der SPIEGEL erfuhr.

Weidels Versuch einer Gegenoffensive

Am Freitagmorgen hatte Weidel in Berlin versucht, in die Offensive zu kommen. Sie versprach, sich an der Aufklärung zu beteiligen und griff zugleich die Medien an. Die berichteten Sachverhalte seien "in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig und tendenziös". Welche das sind, sagte Weidel jedoch nicht.

Vor Beginn des Parteitags in Magdeburg hatte Weidel in einer Sitzung des Bundesvorstands eine persönliche Erklärung vorgetragen. Ein Anwalt sei von ihr mittlerweile mit einer "umfassenden Aufarbeitung des Sachverhalts" und mit der Vorbereitung einer "detaillierten Stellungnahme gegenüber den Behörden" beauftragt worden, hieß es danach.

Der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider, der Mitte der Woche die Co-Fraktionschefin von den Vorwürfen in der Spendenaffäre bereits entlastet hatte - ihr sei nichts vorzuwerfen -, ließ sich im Gremium ebenfalls zur Sache ein. Nach der Sitzung verbreitete der Bundesvorstand eine Erklärung, dessen zentraler Satz sich wie ein vorläufiger Freischein für die Co-Fraktionschefin liest: Der Vorstand "sieht keinerlei Verschulden bei Frau Dr. Alice Weidel".

Zumindest für die Dauer des viertägigen Parteitags scheint die Spendenaffäre Weidel eine Atempause verschafft zu haben. In ihrem Umfeld wird zu Beginn der Woche aber durchaus mit einer möglichen Fortsetzung der internen Debatte gerechnet: Am Montag kommt die AfD-Bundestagsfraktion vor der Haushaltswoche in Berlin zu ihrer regulären Sitzung zusammen. Dort werde es womöglich "lebhafter" zugehen als auf der Bundesvorstandssitzung in Magdeburg, hieß es.

Videoanalyse zur Spendenaffäre um Alice Weidel:

SPIEGEL ONLINE

Dort hat sich einiges zusammengebraut. In einem Teil der Fraktion herrscht seit Wochen Unruhe, die allerdings nicht mit der jetzigen Spendenaffäre im Zusammenhang steht. Wegen einer internen Finanzprüfung - es geht um fehlerhafte Abrechnungen von Abgeordneten - hatten Weidel und ihr Co-Fraktionschef Alexander Gauland Ende Oktober dem einst für den Fraktionsaufbau und Finanzen zuständigen Mitarbeiter Frank Kral gekündigt. Kral ist auch baden-württembergischer AfD-Landesschatzmeister und in die Weidel-Spendenaffäre involviert, wie interne Mails zwischen ihm und der AfD-Schatzmeisterin aus dem Bodensee-Kreis zeigen.

Kral verfügt noch immer über Unterstützer unter den Abgeordneten. Ob sich der Ärger über diesen Vorgang und die Spendenaffäre auf der Fraktionssitzung am Montag entlädt und es sogar zu einem Abwahlantrag gegen Weidel kommt - wie gerüchteweise auf dem AfD-Parteitag zu hören war - ist eine bislang offene Frage. Nach der jüngsten Erklärung des Bundesvorstandes wird dies von manchen in der AfD als eher unwahrscheinlich angesehen. Auch dürfte es Weidel entgegenkommen, dass es derzeit an der Seite Gaulands keine personelle Alternative an der Spitze der Fraktion gibt.

Dabei war das Verhältnis von Partei- und Fraktionschef Gauland zu Weidel nach SPIEGEL-Informationen in den vergangenen Tagen angespannt. Ihr Co-Fraktionschef habe zunächst erbost auf immer neue Spendenenthüllungen reagiert, mittlerweile aber habe sich die Lage beruhigt, hieß es.

Gauland selbst hatte die Spekulationen über Weidels Zukunft für einen kurzen Moment selbst genährt. Gegenüber der "Bild"-Zeitung war Gauland am Donnerstag vorsichtig auf Distanz gegangen und hatte auf die Frage, ob Weidel als Fraktionschefin zu halten sei, ausweichend geantwortet und auf die Sitzungen des Bundesvorstands am Freitag und der Bundestagsfraktion am Montag verwiesen. Am Donnerstagabend aber sah die Lage schon wieder anders aus: In der ZDF-Sendung "Maybrit Illner Spezial" erklärte Gauland, er sehe keinen Grund für Rücktrittsforderungen an Weidel.

Am Freitagabend - Weidel saß da schon nicht mehr auf dem Parteitags-Podium in Magdeburg - gingen die AfD-Delegierten an die viertägige Marathon-Wahl der Liste zur Europawahl. Gaulands Co-Parteichef Jörg Meuthen wurde mit 483 von 535 Stimmen auf Platz 1 gewählt. In seiner Rede hatte er zuvor kein Wort zur Spendenaffäre verloren.

Mitarbeit: Melanie Amann
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