Ärger in AfD-Fraktion Rechtspopulisten laden rechtspopulistischen Blogger aus

Ex-Breitbart-Journalist Milo Yiannopoulos war zu einer AfD-Medienkonferenz nach Berlin geladen worden. Doch in der Fraktion gibt es wegen der Vergangenheit des Briten Ärger. Nun darf der "Stargast" doch nicht kommen.
AfD-Fraktionschefs Alexander Gauland und Alice Weidel

AfD-Fraktionschefs Alexander Gauland und Alice Weidel

Foto: Kay Nietfeld/ DPA

Erst vor zwei Tagen hatte die Pressestelle der AfD-Bundestagsfraktion eine überschwänglich klingende Mail herausgegeben. Auf der "1. Konferenz der freien Medien" werde an diesem Samstag als "Stargast" der "konservative Provokateur und Ex-Breitbart Journalist Milo Yiannopoulos" auftreten.

Doch die Einladung des britischen Staatsbürgers durch eine Gruppe von AfD-Bundestagsabgeordneten, die die Konferenz rechter Blogger und Journalisten in Räumlichkeiten des Bundestags organisiert hatten, löste in der AfD-Bundestagsfraktion in den vergangenen Tagen heftige Turbulenzen aus.

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland, der von dem Vorgang zunächst nichts gewusst haben und deswegen verärgert gewesen sein soll, hatte für Freitagmorgen zu einer Sondersitzung der Fraktion eingeladen. Dort sei kontrovers und zum Teil heftig diskutiert worden, hieß es von Teilnehmern gegenüber dem SPIEGEL. Auch Gauland habe seine Skepsis geäußert.

Immer wieder Wirbel um Yiannopoulos

Vor allem ein AfD-Abgeordneter aus Rheinland-Pfalz habe in seiner Wortmeldung auf eine frühere US-Debatte um mutmaßliche pädophile Neigungen des einstigen Breitbart-Journalisten hingewiesen. Und die Frage gestellt, wie vor dem Hintergrund einer Einladung die AfD künftig andere Parteien in dieser Sache kritisieren könne. Dabei sei auf die Grünen und deren Pädophilie-Debatte hingewiesen worden. Diese sorgte im Jahr 2013 für bundesweite Schlagzeilen und führte später zu einer Aufarbeitung.

Milo Yiannopoulos

Milo Yiannopoulos

Foto: MARK GRAHAM/ AFP

Yiannopoulos wurde 2017 vorgehalten, sich in einem Interview für den sexuellen Umgang von erwachsenen Männern mit jugendlichen Jungen ausgesprochen zu haben. Er erklärte später, er habe "absoluten Abscheu für Erwachsene", die Minderjährige missbrauchten. Kurz darauf verließ er das US-Portal Breitbart, eine Rechtsaußen-Website in den USA, die Donald Trump unterstützt.

In der Pressemitteilung der AfD-Fraktion von Mitte der Woche war der Vorgang aus dem Jahr 2017 thematisiert worden. Dort hatte es geheißen, aufgrund "eines Diffamierungsvideos, das ihn als Pädophilen darstellte, weil er mit 13 Opfer sexuellen Missbrauchs wurde", sei Yiannopoulos von Breitbart gekündigt worden.

Vielen AfD-Abgeordneten schien die Präsenz des 34-jährigen Briten auf der Medienkonferenz aber untragbar. Auf einer eilig anberaumten zweiten Sondersitzung der AfD-Bundestagsfraktion am Freitagmittag wurde beschlossen, Yiannopoulos wieder auszuladen. Die Konferenz finde nun "ohne Überraschungsgast" statt, hieß es danach gegenüber dem SPIEGEL. Sie soll weiterhin in einer Räumlichkeit im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus des Bundestags stattfinden.

Offenbar soll Yiannopoulos am Samstag doch noch in Berlin außerhalb des Bundestagsgebäudes zu den Teilnehmern der Konferenz sprechen. Eine entsprechende Meldung von "Zeit Online" bestätigte der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron - einer der Organisatoren - am Freitagabend gegenüber dem SPIEGEL. Dagegen hatte es zuvor aus der AfD-Fraktion geheißen, der Blogger werde nicht nach Berlin kommen.

Unter AfD-Abgeordneten gab es in den vergangenen Tagen aber auch Zweifel, ob die Konferenz die angemessene Form ist und sich möglicherweise der Bundesrechnungshof dafür interessieren könnte. Der Bundestag hatte darauf hingewiesen, dass Abgeordnete und Fraktionen für "mandatsbezogene Veranstaltungen" Sitzungsräume belegen dürfen. Ob darunter auch eine Blogger-Konferenz fällt, blieb bislang offen.

Anfrage an Trumps Ex-Strategen

Die Konferenz rechter Blogger und Journalisten hatten vier AfD-Bundestagsabgeordnete, darunter maßgeblich Petr Bystron und Udo Hemmelgarn, auf den Weg gebracht. In der ursprünglichen Einladung hieß es (Lesen Sie hier mehr aus dem SPIEGEL), für den Abschlussvortrag "Erfolgreich Kampagnen durchführen" werde ein "Überraschungsgast" erscheinen. Zunächst war laut SPIEGEL-Informationen im April eine Anfrage an Stephen Bannon herausgegangen, den früheren Breitbart-Herausgeber und späteren Ex-Berater von US-Präsident Donald Trump.

Doch soll Bannon abgesagt haben, wie Mitte der Woche aus AfD-Kreisen verlautete. Stattdessen sollte Yiannopoulos kommen.

Der Vorgang habe intern für "große Verärgerung über Bystron und Hemmelgarn" gesorgt, hieß es am Freitag aus Kreisen der AfD-Fraktion gegenüber dem SPIEGEL. Und: "Man hat die Fraktion bewusst im Unklaren gelassen und in eigener Sache kidnappen wollen."

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