Kooperation mit dem BND Union und Linke attackieren Steinmeier in NSA-Affäre

Die NSA-Affäre beherrscht den Wahlkampf. Die Union versucht, die Verantwortung für die Kooperation mit dem BND dem früheren Kanzleramtsminister Steinmeier zuzuschieben. Die Linke wirft dem SPD-Mann Heuchelei vor. Der spricht von jämmerlichen Versuchen der Ablenkung.
SPD-Fraktionschef Steinmeier: "Jämmerlich, sich aus der Verantwortung zu stehlen"

SPD-Fraktionschef Steinmeier: "Jämmerlich, sich aus der Verantwortung zu stehlen"

Foto: Michael Kappeler/ dpa

Berlin - SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gerät im Wahlkampf unter Druck. Sowohl die Parteien der schwarz-gelben Koalition als auch die Linke beschuldigen ihn, für die umstrittene Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendiensts (BND) mit dem US-Geheimdienst NSA verantwortlich zu sein. Es geht um die Zeit der rot-grünen Koalition, als Steinmeier von 1999 bis 2005 Chef des Kanzleramts war.

Steinmeier konterte entsprechende Vorwürfe aus der Regierung noch am Mittwoch mit Verweis auf die Terroranschläge in den USA vom 11. September 2001. "Was an Zusammenarbeit zur Aufklärung eines grauenhaften Verbrechens notwendig war, hat nichts zu tun mit der lückenlosen und flächendeckenden Abschöpfung von Daten unserer Bürgerinnen und Bürger", argumentierte er. Es sei "jämmerlich", wie die Bundesregierung versuche, "sich aus der Verantwortung zu stehlen".

Die Linke legt nun aber nach. Parteichefin Katja Kipping griff Steinmeier am Donnerstag scharf an und bezeichnete ihn als "größten Heuchler in der ganzen Spionageaffäre".

Es sei Zeit für einen Offenbarungseid der SPD, forderte sie in der Online-Ausgabe der "Mitteldeutschen Zeitung" . "Während Steinbrück täglich ein Empörungstheater aufführt, kommt Schritt für Schritt heraus, dass Rot-Grün alle Türen aufgemacht hat, durch die die NSA und private Konzerne die Daten aus Deutschland absaugen." Für die Linke führe kein Weg an einem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss nach der Bundestagswahl vorbei. "Dann müssen auch die Schlapphutpaten der SPD aussagen."

"SPD ist unglaubwürdig"

Ein Sprecher der Bundesregierung hatte am Mittwoch gesagt, die rot-grüne Koalition habe 2002 die Zusammenarbeit des BND mit dem US-Geheimdienst NSA abgesegnet. Steinmeier habe damals als Chef des Kanzleramtes die Grundsatzentscheidung getroffen.

Zahlreiche Politiker der Regierungskoalition nutzten danach die Gelegenheit zum Angriff auf die Sozialdemokraten - wohl auch erleichtert darüber, dass nicht mehr nur Schwarz-Gelb in der NSA-Affäre unter Beschuss steht.

Die SPD sei "als unglaubwürdig entlarvt", sagte der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler daraufhin der "Schwäbischen Zeitung". CDU-Politiker Michael Grosse-Brömer (CDU) warf der SPD-Spitze vor, sie erhebe wider besseren Wissens schwerste Vorwürfe und führe deutsche Bürger offenbar bewusst in die Irre. "Sie gaukeln Unwissenheit über Sachverhalte vor, die sie seinerzeit selbst beschlossen haben." CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach von "purer Heuchelei" und einem durchsichtigen Wahlkampfmanöver der SPD.

Sozialdemokraten sprechen von Ablenkungsmanöver

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) warnte die SPD, "aus dem seriösen Parlamentarischen Kontrollgremium eine Wahlkampf-Klamaukbude zu machen". Er mahnte: "Wir sollten dafür dankbar sein, dass wir wegen der Hinweise amerikanischer Geheimdienste von Anschlägen in Deutschland verschont geblieben sind."

Die Sozialdemokraten greifen die Regierung seit Wochen in der NSA-Affäre an und bezeichnen die jetzigen Vorwürfe gegen Steinmeier als Ablenkungsmanöver. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach von einem "durchsichtigen Versuch". Die entscheidende Frage bleibe, ob deutsche Dienststellen und Unternehmen von ausländischen Diensten abgehört würden.

Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, das Kanzleramt sei bis heute nicht in der Lage, den Verdacht auszuräumen, dass "millionenfach die Grundrechte deutscher Bürgerinnen und Bürger verletzt wurden".

Pofalla muss Stellung nehmen

Hintergrund der Debatte sind die Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstlers Edward Snowden über gigantische Spähprogramme der NSA. Dadurch geriet auch die Bundesregierung unter Druck, da aus Deutschland besonders viele Daten abgeflossen sein sollen. Der SPIEGEL hatte am Wochenende berichtet, dass der BND massenhaft Metadaten an die NSA weiterleitet.

Der BND hatte schon am Samstag mitgeteilt, die Zusammenarbeit mit der NSA in Bad Aibling basiere auf einer Vereinbarung aus dem Jahr 2002. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) werde am kommenden Montag im Parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste ausführlich über das Dokument und die Zusammenarbeit der Geheimdienste berichten, sagte Regierungssprecher Georg Streiter am Mittwoch. Womöglich könne dann eine abschließende Bewertung vorgenommen werden.

Die gemeinsame Fernmeldeaufklärung von NSA und BND im bayerischen Bad Aibling findet nach Angaben der Bundesregierung vom Mittwoch auf Grundlage eines Abkommens (Memorandum of Agreement) vom 28. April 2002 statt, sagte Streiter. "Dieses Dokument ist bis heute die Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen BND und NSA in Bad Aibling."

kgp/dpa
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