Affront gegen französische Sozialisten Merkel macht Wahlkampf für Sarkozy
Angela Merkel will dem angeschlagenen Nicolas Sarkozy unbedingt zu einer zweiten Amtszeit verhelfen. Nach SPIEGEL-Informationen greift sie offen in den französischen Wahlkampf ein. Die Unterstützung verstößt gegen internationale Gepflogenheiten. Frankreichs Sozialisten sind empört, die FDP geht auf Distanz.
Hamburg - In der schwarz-gelben Regierungskoalition sorgt der bevorstehende Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich für Ärger. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist entschlossen, den derzeitigen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy offensiv zu unterstützen. Nach SPIEGEL-Informationen liegt daher derzeit eine Anfrage von dessen sozialistischem Herausforderer François Hollande für einen Besuch im Kanzleramt auf Eis.
Merkel habe sich zwar noch nicht endgültig entschieden, heißt es in Berlin. Ihre Leute suchten derzeit aber nach einem Grund, mit dem sie Hollandes Begehren ablehnen können, ohne allzu viel außenpolitisches Porzellan zu zerschlagen. Dennoch ist das Vorgehen äußerst ungewöhnlich: Das Eingreifen einer ausländischen Regierung in den Wahlkampf eines souveränen Staats gilt international als verpönt.
Auch sonst unterstützt die CDU ihre französische Schwesterpartei UMP ungewöhnlich offen bei der Vorbereitung auf die Präsidentschaftswahl im Mai. Nach SPIEGEL-Informationen findet auf hoher Ebene ein ständiger Austausch zwischen beiden Seiten statt. Die französische Präsidentschaftswahl findet am 22. April und am 6. Mai statt. Laut Umfragen liegt Hollande in der Wählergunst derzeit vor Sarkozy.
Merkel braucht Sarkozy in der Euro-Krise
Offenbar möchte sich Sarkozy, der selbst keine guten Wirtschaftsdaten vorweisen kann, als Partner der ökonomisch erfolgreichen Merkel präsentieren. Die Kanzlerin wiederum braucht Sarkozy dringend als Partner in der Euro-Krise - mit dem Sozialisten Hollande wären gemeinsame Sparanstrengungen in den EU-Staaten kaum durchzusetzen. Daher hat Merkel Sarkozy zugesichert, ihn bei seiner Kampagne zu unterstützen. So will sie mit dem Präsidenten gemeinsame Auftritte in Frankreich absolvieren.
Bei Frankreichs Sozialisten kommt dies nicht gut an. Der Wahlkampfleiter der französischen Sozialisten, Pierre Moscovici, zeigte sich befremdet über Merkels Engagement: "Es ist wichtig, dass eine gewisse Zurückhaltung gewahrt wird, wie dies in der Vergangenheit immer der Fall war", sagte Moscovici der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Parteipolitische Festlegungen dürfen nicht die künftige Arbeitsbeziehung belasten."
Kritik regt sich aber auch innerhalb der Bundesregierung: Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warf Merkel indirekt vor, die gebotene Neutralität als Kanzlerin aufzugeben. "Die Bundesregierung ist nicht Partei im französischen Wahlkampf", sagte er dem SPIEGEL. Am Sonntagabend ging Westerwelle erneut auf Distanz. Die Bundesregierung sei im französischen Wahlkampf neutral, sagte der FDP-Politiker der ARD im "Bericht aus Berlin". "Jeder, der demokratisch legitimiert ist, als Regierung von Frankreich, wird ein guter Partner Deutschlands sein."
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe verteidigte das Engagement Merkels: "Bei der Auseinandersetzung zwischen Sarkozy und Hollande stehen sich zwei Grundauffassungen gegenüber. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit oder linke Umverteilungspolitik." Merkel selber sagt, sie trete in Frankreich nur als CDU-Vorsitzende auf.
Die Kanzlerin reist am Montag mit dem halben Bundeskabinett nach Paris. Anlass ist das 14. Treffen des deutsch-französischen Ministerrats. Die Gespräche dienen zur Abstimmung auf allen Politikgebieten und zur Vertiefung der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Schwerpunkte werden diesmal die Themen Euro, die Fiskal- und Wirtschaftspolitik sein. Am Nachmittag gibt Merkel erstmals gemeinsam mit dem französischen Präsidenten ein Fernsehinterview, das am Abend in Deutschland und Frankreich ausgestrahlt werden soll.
phw/AFP