Asylrecht
Abschiebeflug aus Deutschland in Kabul gelandet
Zum ersten Mal seit März hat Deutschland abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan abgeschoben. Der Vorgang ist umstritten, eine Waffenruhe mit den Taliban gibt es weiterhin nicht.
Seit März hatte die Bundesregierung nicht mehr nach Afghanistan abgeschoben
Foto: Julian Stratenschulte/ dpa
Ein Abschiebeflug mit 30 abgelehnten Asylbewerbern aus Deutschland ist laut der Nachrichtenagentur dpa in Kabul eingetroffen. Nach SPIEGEL-Informationen startete der Flug in Leipzig. Es ist die erste Sammelabschiebung nach Afghanistan seit neun Monaten. Wegen der Corona-Pandemie waren die umstrittenen Abschiebungen unterbrochen worden.
Auch weitere europäische Länder haben laut dem afghanischen Flüchtlingsministerium Abschiebeflüge wiederaufgenommen. Demnach landete am Mittwoch ein Flieger mit elf aus Österreich und Bulgarien abgeschobenen Menschen in Kabul. Eine Abschiebung aus Schweden wurde unterdessen von Aktivisten verhindert, wie es weiter hieß.
Seit 2010: 100.000 Zivilisten getötet oder verletzt
Die vorerst letzte Sammelabschiebung aus Deutschland fand im März statt. Abschiebungen in den Krisenstaat sind umstritten. Trotz der Aufnahme von Friedensgesprächen geht der Konflikt zwischen den militant-islamistischen Taliban und Afghanistans Regierung weiter. In den vergangenen zehn Jahren wurden dabei mehr als 100.000 Zivilisten getötet oder verletzt.
Beinahe täglich gibt es aus dem Land Berichte über Bombenanschläge oder Selbstmordattentate. Die Wirtschaft und das ohnehin schwache Gesundheitssystem wurden durch die Corona-Pandemie stark belastet.
»Es besteht die Gefahr für Leib und Leben.«
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl forderte, den Abschiebeflug aus Deutschland zu unterbinden. »Es ist völlig unverantwortlich, während eines bundesweiten Lockdowns stur an diesem Flug ins Ungewisse festzuhalten«, kritisierte Geschäftsführer Günter Burkhardt. »Menschenwürde und das Recht auf Gesundheit fordern einen Stopp von Abschiebungen.«
Auch die Grünenpolitikerin Claudia Roth reagierte empört. »Die vielen Anschläge, Angriffe und Massaker, die in Afghanistan tagtäglich stattfinden, verbieten es, dorthin abzuschieben. Es besteht die Gefahr für Leib und Leben«, sagte die Bundestags-Vizepräsidentin. Zudem leide Afghanistan stark unter dem Coronavirus. »Damit gefährdet die Bundesregierung zusätzlich Leben und Gesundheit der Menschen. Afghanistan ist nicht in der Lage, die Menschen zu versorgen oder ihre Sicherheit zu garantieren.«