Wegen Vormarsch der Taliban Bamf setzt Entscheidungen über Asylanträge aus

Trümmer in Kunduz: Das Bamf will auf einen neuen Lagebericht warten
Foto:Abdullah Sahil / dpa
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) setzt alle Entscheidungen über Asylanträge von Afghanen vorerst aus. Nach SPIEGEL-Informationen will die Behörde auf einen neuen Lagebericht des Auswärtigen Amts warten, der die sich verschlechternde Sicherheitssituation in dem Bürgerkriegsland widerspiegelt. Das Bundesinnenministerium bestätigte den Vorgang auf Anfrage.
Am Mittwoch hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer bereits entschieden, dass Abschiebungen nach Afghanistan vorerst ausgesetzt werden. »Die Sicherheitslage vor Ort ändert sich derzeit so rasant, dass wir dieser Verantwortung weder für die Rückzuführenden noch für die Begleitkräfte und die Flugzeugbesatzung gerecht werden können«, sagte der CSU-Politiker zur Begründung. Zuvor hatte Seehofer noch tagelang darauf beharrt, insbesondere Straftäter weiter an den Hindukusch abzuschieben.
Das Auswärtige Amt erstellt derzeit einen neuen Lagebericht für Afghanistan, der eine Hauptgrundlage für Entscheidungen in Asylverfahren und über Abschiebungen ist. Der letzte Bericht stammt von Juli, ist aber wegen des Abzugs der internationalen Truppen und des Vormarschs der Taliban inzwischen völlig überholt.
Taliban erobern elf Provinzhauptstädte in einer Woche
Die Islamisten rücken inzwischen immer näher an die Hauptstadt Kabul heran. Die Regierungstruppen haben mittlerweile die Kontrolle über den größten Teil des Nordens und Westens von Afghanistan verloren. Am Donnerstag eroberten die Taliban mit Herat bereits die elfte Provinzhauptstadt binnen einer Woche. Die Regierung kontrolliert neben Kabul lediglich noch eine Handvoll Gebiete.
In diesem Jahr haben bereits rund 10.000 Afghanen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag gestellt. Die sogenannte Schutzquote liegt bei knapp 40 Prozent. Durch die verschärfte Sicherheitslage könnte die Anerkennungsrate steigen.