Afghanistan-Einsatz Bundeswehrverband fordert Regierungserklärung
Passau/Berlin - Der Bundeswehrverband wirft der Regierungsmannschaft vor, sich nicht ausreichend um den Einsatz der deutschen Soldaten in Afghanistan zu kümmern. Der stellvertretende Verbandsvorsitzende Ulrich Kirsch sagte der "Passauer Neuen Presse": "Afghanistan ist ein Thema der gesamten Bundesregierung, nicht nur des Bundesministers der Verteidigung." Die ganze Regierung müsse sich "stärker um die Baustelle Bundeswehr und Afghanistan-Einsatz kümmern. Eine Regierungserklärung der Bundeskanzlerin wäre da ein Anfang."
Der Bundeswehrverbands-Vize widersprach Darstellungen aus der Regierung, wonach die Personalnot bei den Streitkräften nicht mit der zunehmenden Gefährlichkeit des Afghanistan-Einsatzes zusammenhänge. "Es ist doch klar: Wenn sich heute eine junge Frau oder ein junger Mann bei der Bundeswehr bewerben will, werden Familie und Freunde ihm mit Verweis auf die Gefahren eher abraten", sagte Kirsch. In Deutschland gebe es "ein freundliches Desinteresse an den Auslandseinsätzen der Bundeswehr". Der Politik sei es nicht gelungen, dies zu ändern. "Die Gefahren werden häufig ausgeblendet. Die Soldaten fühlen sich im Stich gelassen", sagte Kirsch.
Der Bundeswehr laufen laut Zeitungsberichten wegen des gefährlichen Einsatzes in Afghanistan immer mehr Bewerber und Führungskräfte davon. Bis zu 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr hieß es am Donnerstag. Das Verteidigungsministerium dementierte die Zahlen: Richtig sei, dass die Bundeswehr in allen Laufbahnen den Bedarf qualifiziert decken könne. Es gebe weit mehr Bewerber als Einstellungsmöglichkeiten.
Geräte nicht für Afghanistan gedacht
Mit Blick auf den am Mittwoch in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten beklagte Verbands-Vize Kirsch: "Es gibt Defizite bei der Ausrüstung, weil das Gerät nie für einen Einsatz in Afghanistan gedacht war. Aber es ist eine Menge für eine bessere Ausrüstung getan worden. Das darf nicht nachlassen." Es gebe in Afghanistan Pisten, die man nur mit kleinen Fahrzeugen befahren könne. Hier müsse man nachrüsten, so wie es etwa mit der Anschaffung des Geländewagens vom Typ "Eagle" geschehe.
Auch der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Winfried Nachtwei, fordert eine bessere Ausrüstung für die Einsatzkräfte. "Warum haben die Soldaten im Afghanistan-Einsatz nicht die gleichen Geländewagen wie das Kommando Spezialkräfte? Diese Fahrzeuge bieten deutlich mehr Schutz und sind für Patrouillen bestens geeignet", sagte Nachtwei der "Münsterschen Zeitung".
Beim neuen Mandat für den Einsatz, über das der Bundestag im Oktober entscheiden soll, gehe es darum, "die zivilen Aufbaubemühungen deutlich zu verstärken", sagte Nachtwei dem Blatt. Immer neue Luftangriffe mit hohen zivilen Opfern zerstörten die Akzeptanz für den Einsatz. "Es ist höchste Zeit für einen Kurswechsel, sonst droht das gesamte Engagement zu scheitern. Auch er fordert von Angela Merkel eine Regierungserklärung nach der Sommerpause. "Die Kanzlerin muss den Bürgern erklären, was mit dem Einsatz eigentlich erreicht werden soll", sagte er dem "Tagesspiegel".
Am Tag nach dem Anschlag auf die Bundeswehr im nordafghanischen Kundus hatten die Soldaten dort mit einer Trauerfeier Abschied von ihrem getöteten Kameraden genommen. Danach wurde die Leiche zum Luftwaffenstützpunkt Termes in Usbekistan geflogen. Die Ankunft des Toten in Deutschland wird am Samstag erwartet. Der 29 Jahre alte Hauptfeldwebel war bei einem Sprengstoffanschlag getötet worden, zu dem sich die radikalislamischen Taliban bekannten .
ler/dpa/ddp