Afghanistan Union riskiert neuen Streit um Truppenabzug

Wann soll der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan beginnen? Nach SPIEGEL-Informationen will die Regierung bis 2012 die Truppenstärke beibehalten. Doch in der SPD wächst Widerstand gegen die geplante Mandatsverlängerung.
Bundeswehrsoldaten in Afghanistan: Keine Truppenreduzierung vor 2012

Bundeswehrsoldaten in Afghanistan: Keine Truppenreduzierung vor 2012

Foto: dapd

Afghanistan-Einsatz

Hamburg - Für die Bundesregierung steht ein rascher Abzugsplan für die Bundeswehr vom Hindukusch vorerst nicht zur Debatte. Die Koalition will erst im Jahr 2012 die Truppen für den reduzieren. Doch damit riskiert Schwarz-Gelb in der heiklen Frage des Abzugs einen Zwist mit der SPD im Bundestag.

Karl-Theodor zu Guttenberg

Nach SPIEGEL-Informationen einigten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Guido Westerwelle (FDP), Verteidigungsminister (CSU) sowie das Innen- und das Entwicklungshilferessort bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt auf einen Plan: Das bestehende Mandat mit einer Obergrenze von 5000 Soldaten und einer flexiblen Reserve von 350 zusätzlichen Soldaten soll Anfang nächsten Jahres verlängert werden.

Die bisher nicht eingesetzte Reserve soll auch weiterhin in Deutschland für Ausnahmesituationen bereitgehalten werden und nicht, wie von den USA und dem Isaf-Oberkommandierenden US-General David Petraeus gewünscht, zur Ausbildung der afghanischen Armee nach Afghanistan entsandt werden.

Mit einer Regierungserklärung will Westerwelle Mitte Dezember vor dem Parlament für eine breite Mandatsmehrheit werben. Doch in der SPD macht sich Widerstand gegen die geplante Verlängerung des Mandats breit. "Der Abzug muss im nächsten Jahr beginnen", fordert der Europaabgeordnete Martin Schulz. "Vor der Verlängerung des Afghanistan-Mandats im Januar muss die Regierung dafür einen konkreten und präzisen Fahrplan vorlegen", sagt das SPD-Präsidiumsmitglied. Sollte Merkel den verweigern, empfiehlt er der SPD-Bundestagsfraktion zwar eine Zustimmung zum neuen Mandat, allerdings solle sie dann zusätzlich "einen solchen Fahrplan" als eigenen Entschließungsantrag einbringen.

Für die folgenden Jahre werde es in diesem Fall "keine weiteren Verlängerungen des Mandats mit den Stimmen der SPD geben", sagt Schulz. Es müsse sichergestellt sein, "dass die Bundeswehr spätestens im Korridor zwischen 2013 und 2015 an keinen Kampfhandlungen mehr teilnimmt".

Eine Spitzenrunde um Schulz, Parteichef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte sich am Montag der vergangenen Woche über die sozialdemokratische Linie zum Bundeswehreinsatz verständigt.

Taliban töten mehrere Zivilisten

In wenigen Tagen will sich die Nato auf einer Konferenz mit der Lage in Afghanistan befassen. Die internationalen Truppen konnten erneut eine Anschlagsserie der Taliban nicht verhindern. Bei einem von vier Attentaten binnen 24 Stunden kamen in Kunduz im Norden des Landes mindestens zehn Zivilisten ums Leben. Unter den Opfern waren auch drei Kinder. Zuvor wehrten Nato-Soldaten am Samstag einen Angriff der Rebellen auf einen Flughafen in Dschalalabad im Osten Afghanistans ab. Im ebenfalls östlich gelegenen Kunar lieferten sich afghanische und internationale Truppen stundenlange Gefechte mit Aufständischen, bei denen nach Isaf-Angaben drei Rebellen starben.

Guttenberg führt neues Ehrenzeichen für Soldaten ein

Verteidigungsminister Guttenberg will Bundeswehrsoldaten für ihren Einsatz mit einer neuen Medaille belohnen. Der Orden wird nach SPIEGEL-Informationen auf Initiative des CSU-Politikers für Einsätze im Kampf verliehen. Bundespräsident Christian Wulff billigte die neue Gefechtsmedaille bereits. Diese Sonderstufe der Einsatzmedaille der Bundeswehr soll an jene Soldaten verliehen werden, die "mindestens einmal aktiv an Gefechtshandlungen teilgenommen oder unter hoher persönlicher Gefährdung terroristische oder militärische Gewalt erlitten" haben.

Das neue Ehrenzeichen, so sieht es der Erlass vor, soll auch nach dem Tod verliehen werden können. Die erste der neuen Gefechtsmedaillen will Guttenberg am 25. November vergeben.

Mit seiner Einführung kommt der Minister einer weitverbreiteten Kritik in der Truppe entgegen: Die normale Einsatzmedaille der Bundeswehr erhalten alle Soldaten in einem Auslandseinsatz - ob sie überwiegend im Feldlager arbeiten oder auf Patrouille in umkämpfte Gebiete gehen.

Ein Verwundetenabzeichen für die deutschen Soldaten, wie es die Armeen anderer Nationen kennen, hatten Verteidigungsministerium und Bundespräsidialamt dagegen abgelehnt: "Grundlage für eine Auszeichnung sind besondere durch den Soldat zu erbringende Leistungen, die bei einem Verwundetenabzeichen so nicht gegeben wären."

mmq/Reuters
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