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Afghanistan Westerwelle verspricht Bundeswehr-Abzug ab 2011

Der Außenminister hat sich festgelegt. In seiner Regierungserklärung kündigte Guido Westerwelle den Beginn des Bundeswehr-Rückzugs aus Afghanistan für Ende 2011 an. Damit prescht er deutlich vor: Die Bundesregierung hatte noch vor Tagen 2012 als Termin genannt.

Afghanistan

Guido Westerwelle

Bundestag

Berlin - Die ersten deutschen Soldaten sollen innerhalb des nächsten Jahres verlassen. Darauf legte sich Außenminister am Donnerstag vor dem fest. In einer Regierungserklärung zur Entwicklung am Hindukusch versprach er: "Heute bin ich zuversichtlich genug um zu sagen: Ende 2011 werden wir unser Bundeswehrkontingent in Afghanistan erstmals reduzieren können." Noch zu Beginn der Woche hatte die Regierung als Termin für den Abzugsbeginn auch das Jahr 2012 genannt.

Bundeswehr

Wann der letzte Bundeswehrsoldat Afghanistan verlässt, ließ Westerwelle offen. Bis 2014 solle die Verantwortung für die Sicherheit zwar komplett an die afghanische Polizei und Armee übergeben werden, aber auch danach sollen laut Westerwelle noch deutsche Soldaten im Land bleiben, jedoch nicht mehr in Kampfeinsätze geschickt werden. Derzeit ist die mit 4600 Soldaten am Hindukusch im Einsatz.

Karl-Theodor zu Guttenberg

Im Gegensatz zu Westerwelle ist Verteidigungsminister bisher sehr zurückhaltend mit der Ankündigung eines Abzugstermins. "Ich bin nicht derjenige, der sagt, nächstes Jahr ziehen wir hier oder da Soldaten ab. Das wäre auch unverantwortlich", hatte der Minister am Montag während eines Kurzbesuchs in Afghanistan SPIEGEL ONLINE gesagt. Es gebe noch keine konkreten Pläne für den Abzug der Bundeswehr aus einzelnen Provinzen im deutschen Verantwortungsbereich im Norden des Landes. Es warnte sogar: "Diese Jahreszahlen machen nur Sinn, wenn sie auch verantwortungsvoll unterfüttert werden." Der Ehrgeiz dürfe nicht durch übermäßige Risikofreude oder Verantwortungslosigkeit überlagert werden.

Grundlage für Westerwelles Regierungserklärung war der sogenannte Fortschrittsbericht zur Entwicklung am Hindukusch, den die Bundesregierung zu Beginn der Woche vorgelegt hatte. Darin wird ein gemischtes Bild gezeichnet. Westerwelle sagte, neben Licht gebe es auch "viel zu viel Schatten".

Im Januar muss der Bundestag über ein neues Afghanistan-Mandat entscheiden. Derzeit können bis zu 5000 Soldaten plus 350 Soldaten Reserve in Afghanistan eingesetzt werden.

"Wir verteidigen in Afghanistan unsere eigene Sicherheit", sagte der Außenminister. "Deshalb ist dieser Einsatz richtig. Richtig ist aber auch, dass er nicht endlos dauern darf." Mit der Festlegung auf einen konkreten Termin für den Abzugsbeginn ging der FDP-Chef über die Formulierung aus dem Fortschrittsbericht hinaus. Darin heißt es, die deutschen Truppen könnten "Ende 2011/2012" reduziert werden, "soweit die Lage dies erlaubt". Beim Nato-Gipfel im November hatte Westerwelle noch 2012 als Datum für den Beginn des Abzugs genannt.

Die Isaf-Militärführung in Kabul will die schrittweise Übergabe der Verantwortung an die afghanische Armee und Polizei nach SPIEGEL-Informationen schwerpunktmäßig im Regionalkommando Nord beginnen, das von der Bundeswehr geführt wird. Einem Bericht von US-General David Petraeus, Oberkommandeur der Isaf-Truppen, und dem zivilen Repräsentanten der Nato in Kabul zufolge könnten drei Provinzen schon bald übergeben werden: Sar-i-Pol, Samangan und Badakhshan im Norden.

Opposition will schnelleren Abzug

Die Opposition verlangte, dass der Abzug schneller beginnt. Die SPD warf Westerwelle vor, mit den unterschiedlichen Aussagen "Unsicherheit und Durcheinander" zu schaffen. "Man kann nicht wie ein Schilfrohr schwanken in dieser Frage. Wir brauchen auch Sicherheit und Vertrauen", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gernot Erler.

Die Grünen hielten der Bundesregierung vor, weiter kein klares Konzept zu haben. "Das allgemeine Beschwören einer Abzugsperspektive ist kein Plan", sagte ihr Fraktionsvize Frithjof Schmidt. Auch fürs nächste Jahr sei keine Trendwende zu erkennen. Die Linke forderte erneut das sofortige Ende des Afghanistan-Einsatzes. Ihr Abgeordneter Jan van Aken wies darauf hin, dass die Mission von 71 Prozent der Deutschen abgelehnt werde.

ler/dpa/Reuters
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