Islamistischer Prediger in Berlin "Aufforderung zur Vergewaltigung"

Screenshot der Predigt von Eila: "Eine Frau darf niemals Nein sagen"
Foto: youtube.com/ MEMRITVBerlin - Mit einer frauenfeindlichen Predigt in der Neuköllner Al-Nur-Moschee hat ein Imam für Empörung in Berlin gesorgt. Innensenator Frank Henkel (CDU) spricht von einer "Zumutung für jeden klar denkenden Menschen". Sein Staatssekretär Bernd Krömer setzte ein Verbot des Trägervereins der Moschee wieder auf die Agenda und sagt: "Diese Art von Islam gehört gewiss nicht zu Deutschland."
Was ist passiert in Berlin-Neukölln? Die umstrittene Ansprache hielt der aus Ägypten stammende Gastprediger Abdel Moez al-Eila bereits am 23. Januar. Doch erst in dieser Woche machen Videoaufnahmen davon die Runde. Zum Teil sind sie in englischer Sprache untertitelt (etwa hier bei der US-Organisation Memri). "Eine Frau darf niemals Nein sagen, unter keinen Umständen", sagt Eila darin. "Auch wenn sie ihre Periode hat, gibt es keinen Grund, warum der Ehemann ihren Körper nicht fürs Vergnügen benutzen könne."
Die Moschee gilt als Salafisten-Treffpunkt und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Im Sommer hielt ein Gast-Imam aus Dänemark dort eine Hasspredigt, in der er zur Tötung von Juden aufrief. Inzwischen hat der Vorstand der Al-Nur-Moschee erklärt, Eila werde dort künftig nicht mehr auftreten - eine Begründung dafür gab es nicht.
Der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg hat jetzt Strafanzeige wegen Beleidigung, Volksverhetzung und Verdachts auf öffentliche Gewaltaufforderung gegen den Imam gestellt. Dessen Aussagen seien "eine öffentliche Aufforderung zur Vergewaltigung", sagte Ayse Demir, Sprecherin der Organisation, im Interview mit SPIEGEL ONLINE.
Hier das komplette Gespräch:
Ayse Demir, 45, ist die Vorstandssprecherin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg. Zugleich ist sie stellvertretende Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland.
SPIEGEL ONLINE: Frau Demir, warum haben Sie den Imam denn gleich wegen Volksverhetzung angezeigt?
Demir: Das sind Aussagen, die für alle Frauen herabwürdigend sind. Eine Frau darf noch nicht einmal aus freien Stücken vor die Tür? Solch eine finstere Ideologie muss bestraft werden.
SPIEGEL ONLINE: Die Predigt ist sicherlich extrem frauenfeindlich - aber wahrscheinlich von der Meinungsfreiheit gedeckt und damit strafrechtlich irrelevant.
Demir: Das werden wir ja sehen. Ich hoffe sehr, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt. Wenn der Imam predigt, eine Frau dürfe ihrem Ehemann nie den Sex verweigern, dann ist das mehr als eine Herabwertung. Das ist, wenn man es zu Ende denkt, eine öffentliche Aufforderung zur Vergewaltigung.
SPIEGEL ONLINE: Eine Hasspredigt?
Demir: Ja, und solche Hassprediger dürfen nicht unwidersprochen bleiben. Als Türkischer Bund setzen wir uns gegen solche ausgrenzenden Bemerkungen ein. Deutlich öfter kommen die übrigens aus rechtspopulistischer und rechtsextremer Ecke - und in diesem Fall eben aus der islamistischen.
SPIEGEL ONLINE: Die Predigt hielt ein Gast-Imam aus Ägypten. Immerhin soll er in der Moschee künftig nicht mehr auftreten.
Demir: Das wäre schon mal ein gutes Ergebnis.
SPIEGEL ONLINE: Allerdings fällt die Al-Nur-Moschee immer wieder durch Hasspredigten auf. Sie gilt als Zentrum der Salafisten in Berlin.
Demir: Es geht mir gar nicht um diese Moschee. Wir Vertreter der Türken treten gegen Ausgrenzungen jeder Art ein.
SPIEGEL ONLINE: Wie weit ist ein solches Frauenbild unter Berliner Muslimen verbreitet?
Demir: Ganz ehrlich: Ich kann es Ihnen nicht sagen. Aber ich persönlich fürchte - auch weil ich selbst einen 17-jährigen Sohn habe -, dass gerade die jungen Männer dafür anfällig sind. Und ich weiß, ein solches Video verbreitet sich ja im Netz.
SPIEGEL ONLINE: Das Video steht auch immer noch auf der Website der Moschee.
Demir: Ja, das geht nicht. Man muss solche Äußerungen verbieten.
SPIEGEL ONLINE: Wie tritt man solchen archaischen Frauenbildern entgegen?
Demir: Solche Bilder werden nur von einem kleinen Teil der Muslime vertreten, der Großteil folgt einer humanistischen Ideologie. Diese muss man viel sichtbarer machen.
SPIEGEL ONLINE: Vorfälle wie diese sind doch eine willkommene Vorlage für alle jene, die gegen eine angebliche Islamisierung des Landes wettern.
Demir: Ja, und ich habe Angst, dass die Rechtspopulisten dies jetzt instrumentalisieren und damit Hetze gegen friedliche Muslime begründen. Umso wichtiger ist es, dass die muslimischen Verbände klar Stellung beziehen. Bislang habe ich in der Hinsicht noch nichts gehört.