Alarm in Deutschland Bundespolizei-Chef warnt vor extremer Terror-Gefahr

Polizistin vor dem Bundespräsidialamt in Berlin: "Hinweise aus verschiedenen Quellen"
Foto: Hannibal Hanschke/ dpaHamburg - Deutschlands oberster Bundespolizist findet klare Worte: Die Hinweise auf einen Anschlag von islamistischen Terroristen seien "heute konkreter als je zuvor", sagte Matthias Seeger der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Gefahr sei höher als vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr und bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006.
Und anders als bei früheren Terrorwarnungen habe man heute "mehrere Hinweise auf bevorstehende Anschläge, die aus verschiedenen Quellen stammen", so Seeger. Der Chef der Bundespolizei machte klar, dass seine Polizisten für den Fall eines terroristischen Angriffs mit Schusswaffen angewiesen sind, sofort das Feuer zu erwidern und die Angreifer mit gezielten Schüssen kampfunfähig zu machen.
"Im Fall eines Anschlages mit Schusswaffen dürfen wir nicht auf Spezialkräfte warten, sondern wir müssen die Täter sofort stoppen." Deswegen sei es wichtig, "dass unsere Polizisten ausreichend bewaffnet und mit Schutzwesten ausgestattet sind", sagte Seeger. Durch die Erfahrung mit Amokläufen habe die Polizei gelernt, dass sie nicht zögern dürfe. "Für den Fall, dass ein Terroranschlag nicht im Vorfeld verhindert werden kann, müssen unsere Polizisten schnell reagieren. Das hat die Polizei aus Amokläufen wie in Erfurt und Winnenden gelernt", sagte er.
Angriff auf den Reichstag geplant
Al-Qaida und assoziierte Gruppen planen nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden angeblich einen Anschlag auf das Reichstagsgebäude in Berlin, in dem der Deutsche Bundestag untergebracht ist. Im Zuge des Angriffs wollen die Terroristen nach SPIEGEL-Informationen Geiseln nehmen und mit Schusswaffen ein Blutbad anrichten.
Die Informationen über die Planungen stammen von einem Dschihadisten, der sich im Ausland aufhält und sich in den vergangenen Tagen mehrmals telefonisch an das (BKA) gewandt hat. Er will angeblich aussteigen. Seine Informationen waren für Bundesinnenminister Thomas de Maizière Anlass, am Mittwoch öffentlich vor einem bevorstehenden Anschlag zu warnen.
Den Angaben des Anrufers zufolge besteht das Terrorkommando aus sechs Personen; zwei von ihnen seien bereits vor sechs bis acht Wochen nach Berlin gereist und dort untergetaucht. Vier weitere Attentäter, ein Deutscher, ein Türke, ein Nordafrikaner und ein Mann, dessen Identität er nicht kenne, warteten derzeit auf ihre Abreise. Die Anschläge seien für Februar oder März geplant.
Zweiter Hinweis aus den USA
Der zweite Warnhinweis, auf den sich de Maizières Einschätzung stützt, stammt nach Informationen des SPIEGEL aus den USA. Die US-Bundespolizei FBI hatte sich vor zwei Wochen mit einem Fernschreiben an das BKA gewandt und auf einen weiteren mutmaßlichen Anschlagsplan hingewiesen. Eine schiitisch-indische Gruppe, die sich "Saif" ("Schwert") nenne, habe einen Pakt mit al-Qaida geschlossen und zwei Männer auf den Weg nach Deutschland geschickt, um hier einen Anschlag durchzuführen.
Die beiden sollten am 22. November in den Vereinigten Arabischen Emiraten ankommen, dort mit neuen Papieren ausgestattet werden und dann nach Deutschland reisen. Sie hätten bereits Visa für den Schengen-Raum. Als Drahtzieher benennt das FBI einen gewissen Mushtaq Altaf Bin-Khadri.
Als Schleuser der Männer fungiere der 54-jährige Waffenhändler Dawood Ibrahim, der von der Uno als Terrorunterstützer geführt wird. Er gilt als einer der Hintermänner der Terroranschläge, die sich Ende November 2008 in der indischen Metropole Mumbai ereignet hatten. Das FBI und das BKA messen der Meldung große Bedeutung bei. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA dagegen, der Bundesnachrichtendienst und der deutsche Verfassungsschutz sind skeptisch.
Auch die Bundeskanzlerin warnt vor Hysterie. "Wir wollen in Deutschland frei und ohne Angst leben - keine terroristische Drohung wird uns davon abbringen. Die Bürger können gewiss sein: Die Sicherheitskräfte tun alles Erdenkliche für unseren Schutz", sagte Angela Merkel der "Bild am Sonntag". Sie dankte zugleich Polizei und Nachrichtendiensten: "Wir alle sollten ihnen für diesen Einsatz dankbar sein und sie unterstützen."