Özoguz-Beleidigung Ex-Bundesrichter zeigt Gauland wegen Volksverhetzung an

AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland
Foto: Bernd Settnik/ dpaDer frühere Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof hat den AfD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Alexander Gauland, wegen Volksverhetzung angezeigt. Der Jurist Thomas Fischer stellte nach Informationen des SPIEGEL Strafanzeige und Strafantrag gegen den Politiker wegen seiner despektierlichen Aussage über die türkischstämmige SPD-Bundestagsabgeordneten und Staatsministerin für Migration, Aydan Özoguz.
Gauland hatte auf einer AfD-Wahlkampfveranstaltung im Eichsfeld in Thüringen unter dem Jubel der Zuhörer gerufen: "Ladet sie (gemeint war Özoguz, Anm. d. Redaktion) mal ins Eichsfeld ein und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können."
Fischer schreibt in seiner Anzeige, "nach meiner Ansicht besteht der Tatverdacht einer Volksverhetzung" gemäß § 130 Abs. 1 des Strafgesetzbuches: "Am Vorsatz des Beschuldigten, der promovierter Jurist mit zwei Staatsexamen ist, kann kein ernsthafter Zweifel bestehen", so Fischer. Der Jurist argumentiert weiter, Gaulands Verteidigung, er habe "spontan formuliert", werde durch den Videomitschnitt der Rede sowie durch seine "je nach propagandistischem Bedarf wechselnden öffentlichen Einlassungen" widerlegt.
Dass Gauland die Hoffnung geäußert habe, die Deutsch-Türkin Özoguz in Anatolien entsorgen zu können, stellt für Fischer eine "ersichtlich allein an der ethnischen Herkunft der Person ausgerichtete Aufforderung dar", die Betroffene als Repräsentantin einer Gruppe von Menschen, die Gaulands Auffassung nach nicht nach Deutschland gehöre, "durch Willkürmaßnahmen aus Deutschland zu entfernen". Die Erfüllung des Tatbestandes einer Volksverhetzung (§ 130 Absatz 1 Nr. 1) liege damit "nahe", so Fischer.
Darüber hinaus hält Fischer auch den "Verdacht einer Verletzung der Menschenwürde durch Beschimpfen und böswilliges Verächtlichmachen" (§ 130 Absatz 1 Nr. 2) für gegeben: Die Ausführungen Gaulands zu Staatsministerin Özoguz hätten "unabhängig von einer ohne Zweifel zulässigen Kritik an ihrer Aussage über die 'deutsche Kultur'" - die Gruppe der "Deutsch-Türken" betroffen. Diese Schmähung sei "ersichtlich allein auf die ethnische Zugehörigkeit der Betroffenen als Mitglied eines Teils der Bevölkerung" gerichtet.
Gauland selbst ist sich offenbar keinerlei Schuld bewusst - im Gegenteil: In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwochausgabe) legte der AfD-Politiker sogar noch nach. "Ich finde eine Frau, die sagt, eine deutsche Kultur sei jenseits der Sprache nicht identifizierbar, hat in diesem Land nichts verloren", sagte Gauland. "So jemand muss sich unter Umständen ein anderes Land suchen." Seine ursprüngliche Äußerung, Özoguz zu "entsorgen", bereue er nicht. "Ich will es gar nicht als Fehler bezeichnen. Der Bohei, der um dieses Wort gemacht wird, ist absolut lächerlich."
Gauland zum SPIEGEL: "Das Wort 'entsorgen', darauf beharre ich nicht"
Gauland selbst hatte sich bereits am Montag auf SPIEGEL-Nachfrage zu seinen Worten vom Wochenende geäußert. "Das Wort 'entsorgen', darauf beharre ich nicht", sagte er. "Das Wort ist kein gutes Wort, weil es missgedeutet werden kann." Doch von seiner Kritik an Özoguz wollte Gauland kein Jota abrücken, auch eine Entschuldigung lehnte er ab. Gauland weiter zum SPIEGEL: Solange Özoguz an ihrer Aussage zur deutschen Kultur festhalte, werde er dagegen opponieren. Und der AfD-Politiker fügte hinzu: "Frau Özoguz soll dann dahin gehen, wohin sie glaubt, mehr von der Kultur zu verstehen."
Merkel nennt Gaulands Äußerung "rassistisch"
Am Dienstag hatte sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Sommerpressekonferenz in Berlin zu Gaulands Äußerung geäußert. Auf die Frage eines Journalisten in der Bundespressekonferenz erklärte sie: "Diese Äußerung ist rassistisch, sie ist absolut zu verurteilen." Da fühlten sich alle Mitglieder der Bundesregierung - und Özoguz sei Staatsministerin - auch persönlich getroffen. Der Versuch der AfD, es immer wieder nach demselben Muster zu machen - "erst eine Provokation, dann ein kleiner Rückzieher" - der spreche für sich und zeige, "welch Geistes Kind die Autoren solcher Schmähungen sind".