Familienpolitik Schwesig will Alleinerziehende stärken

Ein Viertel der alleinerziehenden Mütter muss von Hartz-IV-Leistungen leben. Das will Familienministerin Schwesig ändern. Eine Untersuchung stützt nun ihre These vom ungenutzten Potenzial, das Mütter und Väter ohne Ehepartner bieten.
Familienministerin Schwesig: Will gegen Armut von Alleinerziehenden angehen

Familienministerin Schwesig: Will gegen Armut von Alleinerziehenden angehen

Foto: Wolfgang Kumm/ dpa

Hamburg - Familienministerin Manuela Schwesig hat Alleinerziehenden eine größere Unterstützung in Aussicht gestellt. Doch sie muss noch die Große Koalition von ihren Plänen überzeugen. Die SPD-Politikerin will die 1,6 Millionen alleinerziehenden Mütter und Väter mit Kindern unter 18 Jahren finanziell unterstützen. Nun erhärtet eine von ihrem Ministerium in Auftrag gegebene Untersuchung, dass sich diese Pläne auch wirtschaftlich lohnen könnten.

Laut der Prognos-Untersuchung sind Alleinerziehende überwiegend gut ausgebildet, 78 Prozent von ihnen verfügen über einen mittleren oder hohen Bildungsabschluss. "Damit sind sie ein wichtiges Potenzial mit Blick auf die Fachkräftesicherung", heißt es in dem Papier. Und "sie" sind dabei jede fünfte Familie in Deutschland - denn auch Alleinerziehende zählen dazu. Von diesen 20 Prozent wiederum sind zehn Prozent Männer und 90 Prozent Frauen.

Trotz des hohen Bildungsniveaus lebt ein Viertel der alleinerziehenden Mütter laut Ergebnissen des Mikrozensus' von Hartz-IV-Leistungen. Drei Viertel bestreiten ihren Lebensunterhalt überwiegend durch eigene Erwerbstätigkeit. Laut der Untersuchung sind alleinerziehende Frauen genauso häufig erwerbstätig wie Mütter in Paarfamilien - 67 Prozent von ihnen gehen einer Arbeit nach. Und Alleinerziehende bleiben demnach im Schnitt sogar fünf Stunden pro Woche länger am Arbeitsplatz als Mütter mit Ehemann.

2004 wurde ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende eingeführt: Durch ihn können Mütter oder Väter bei ihrer Steuererklärung 1308 Euro im Jahr von ihren zu versteuernden Einkünften abziehen. Dieser Freibetrag erreicht bisher 1,1 Millionen Haushalte und bewirkt laut der Prognos-Studie immerhin, dass rund 20.000 Alleinerziehende kein Hartz IV zusätzlich beziehen müssen. Die Auswertung zeige, dass es sich "um eine im Verhältnis zu den Kosten sehr effiziente Leistung" handele, denn sie stärke die erwerbstätigen Alleinerziehenden", heißt es in der vom Ministerium in Auftrag gegebenen Papier.

Das Problem: Seit seiner Einführung ist der Entlastungsbetrag nicht mehr erhöht worden. Das müsse sich nun ändern, sagte Schwesig SPIEGEL ONLINE: "Die Familien in Deutschland müssen von der guten Haushaltslage profitieren." Das gelte vor allem auch für Alleinerziehende, betont die Familienministerin. Sie gehörten "zu den Familien in Deutschland, die besonders viel leisten". Diese Mütter und Väter gezielt zu unterstützen sei bereits Teil des Koalitionsvertrags, so Schwesig: "Daher müssen wir das jetzt auch angehen."

Woher das Geld für die Finanzspritzen kommen soll, muss die Sozialdemokratin nun mit Finanzminister Wolfgang Schäuble aushandeln. Die schwarz-rote Regierung will bis Ende März über den Umfang der Entlastungen für Familien entscheiden. Das geht aus dem Existenzminimumbericht hervor, den das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat. Geplant ist, den steuerlichen Grundfreibetrag für alle Steuerzahler anzuheben genauso wie den steuerlichen Kinderfreibetrag.

Darüber hinaus macht sich Schwesig eben auch Alleinerziehende und Familien mit geringem Einkommen stark. Sie sei darüber mit Schäuble im Gespräch, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Die Diskussionen über die Anhebung des Freibetrages für Alleinerziehende sind zudem kompliziert, weil auch die Länder einbezogen werden müssen.

Der Opposition gehen die geplanten Änderungen nicht weit genug: Franziska Brantner, die für die Grünen im Familienausschuss sitzt, sagt, eine Anhebung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende helfe nur jenen, die auch entsprechend Steuern zahlten. "Wir müssen aber auch geringverdienende und nichtbeschäftigte Eltern in den Blick nehmen", denn ein hoher Anteil von Alleinerziehenden lebe von Hartz IV. "Um Alleinerziehende besser zu erreichen und wirksam vor Armut zu schützen, braucht es daher dringend eine Reform des Unterhaltsvorschusses und die Möglichkeit den Mehrbedarf für Alleinerziehende im SGB II mit in den Kinderzuschlag zu nehmen."

(mit Material von dpa)
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