

Berlin/Ludwigshafen - Die große Feier war abgesagt. wollte sich erst von einer Operation erholen. Dann schaute er gegen Mittag kurz aus der Tür, um den Journalisten, die sein Haus belagerten, freundlich zuzuwinken. Vielleicht dachte er zu diesem Zeitpunkt noch, dass er dann seine Ruhe haben würde, aber wahre Anhänger und Freunde sind eben auch durch offizielle Absagen nicht zu bremsen.
Doch dann erschien eine Abordnung von Reitern und Jagdhornbläsern vor Kohls Haus in Oggersheim. Die Pferde wieherten, die Reiter sangen und hissten ihre Vereinsfahne, die nur zu wirklich wichtigen Anlässen herausgeholt wird. Kohl ließ sich wie zuvor von seiner Frau Maike vor die Tür seines Hauses rollen und wippte zum Konzert der Hornbläser mit dem Fuß. Inzwischen hatten sich mehr als hundert Schaulustige vor dem Haus versammelt - und eine Heerschar von Fotografen.
Am späten Nachmittag rückte der Parteinachwuchs von der Jungen Union an - und zwar gleich in einem Trupp von 400 bis 500 Leuten. Mitgebracht hatten sie den prominenten Chorleiter Gotthilf Fischer, der die Gratulanten sicher durch ihr Geburtstagsständchen dirigierte. Nach dem obligatorischen "Zum Geburtstag viel Glück" gab es als Zugabe noch "Kein schöner Land" und die Nationalhymne. Kohl verfolgte den Auftritt sichtlich berührt vom Rollstuhl vor der Haustür aus - und sang bei der Nationalhymne sogar mit.
So sieht es also aus, wenn ehemalige Staatsmänner eine kleine Feier im Kreis ihrer Freunde genießen.
Nicht alle Gratulanten machten sich gleich auf den Weg nach Oggersheim. Die Glückwünsche der politischen Elite des Landes erreichten den langjährigen CDU-Chef und Altbundeskanzler über den Umweg der Medien. Horst Köhler hatte sein offizielles Glückwunschschreiben über Zeitungen und Sender verbreitet, Angela Merkel gratulierte via Interview in der "Bild-Zeitung", der Niedersachse Christian Wulff nannte Kohl in der "Braunschweiger Zeitung" ein "lebendiges Denkmal deutscher und europäischer Geschichte", und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg würdigte die Verdienste Kohls um die deutsche Einheit in einem Gastbeitrag für die "Leipziger Volkszeitung".
Ein Glückwunschtelegramm - so etwas wird wahrscheinlich nur noch in der hohen Politik verschickt - ging aus Moskau ein: Der russische Präsident Dmitrij Medwedew gratulierte und dankte dem Altkanzler für den Neustart der deutsch-russischen Beziehungen.
Damit auch der einfache Bürger seine Glückwünsche an den Mann bringen konnte, hatte die CDU eine spezielle Website geschaltet: Unter www.helmut-kohl.cdu.de konnte sich jeder eintragen - und nutzte den neuen Kanal gleich, um eine Videobotschaft an Helmut Kohl zu versenden, in er sie erneut seine Verdienste um die Deutsche Einheit hervorhob. Sie erinnerte an ein Treffen von Kohl mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker in Bonn 1987. Kohl habe damals gesagt, das Bewusstsein für die Einheit der Nation sei wach und der Wille dazu ungebrochen. Das habe DDR-Bürger weiter hoffen lassen.
Bis zum Samstagnachmittag gingen via Internet rund 7000 elektronische Grüße ein. So schreibt ein angeblicher Namensvetter des ersten Kanzlers Konrad Adenauer aus Köln an Helmut Kohl: "Sie haben als CDU-Politiker erreicht, wovon andere allenfalls geträumt haben." Herbert Abaecherli aus Caracas bekannte: "Wäre ich Deutscher, hätte ich Sie nicht gewählt. Aber nach alldem, was Sie für Deutschland, ohne Ihren Nachbarn Böses zuzufügen, geleistet haben, erkenne ich, dass das wohl falsch gewesen wäre." Norbert Beutler aus Düsseldorf ruft Kohl zu: "Herzlichen Glückwunsch und ein herzliches Danke unserem alten Sturkopf für viele Jahre Politik für die Menschen."
Die meisten Schreiben betreffen die Deutsche Einheit. Etliche Absender danken Kohl für seine unermüdlichen Bemühungen um die Wiedervereinigung. So etwa Joachim Zufelde aus Aschersleben: "Vielen Dank für die Befreiung aus der - biblisch gesehen - 40-jährigen Wanderung durch die Wüste."
Und Georg Bierwald aus Oberhausen fragt: "Warum haben Sie für Ihr Werk nicht den Friedensnobelpreis bekommen?"
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"Zum Geburtstag viel Glück": 500 Mitglieder der Jungen Union sind zum Wohnhaus des Altkanzlers nach Oggersheim gepilgert, um Helmut Kohl ihren Geburtstagsgruß zu singen. Damit sie unfallfrei durch ihr Ständchen kommen, ...
... haben sie den bekannten Chorleiter Gotthilf Fischer engagiert. Sicher dirigiert er sie auch durch die beiden Zugaben - "Kein schöner Land" und die Nationalhyme.
Die Junge Union kann nicht nur singen, sondern auch Transparente malen: Sie sagt "Helmut Kohl, Kanzler der Einheit - Danke".
Während die Junge Union ihr Geburtstagsständchen schmettert, genehmigt sich Altkanzler Helmut Kohl ein Gläschen Sekt. Eigentlich wollte er still im kleinen Kreis guter Freunde feiern - aber dann rückten doch reihenweise die Gratulanten vor seinem Haus in Oggersheim an.
Kaum waren die 500 Leute von der Jungen Union abgezogen, standen die nächsten Kohl-Anhänger vor der Tür. Erst der Reit- und Fahrverein Ludwigshafen/Rhein...
...und dann die Jagdhornbläser Fussgöhnheim. Als sie ihr Geburtstagsständchen spielten,...
...wippte Helmut Kohl im Takt der Musik mit dem Fuß. Seine Gäste - unter ihnen der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (links hinter Kohl) und "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann (rechts hinter Kohl) - lassen sich das Spektakel nicht entgehen.
Ein kurzer Auftritt für die Kameras an seinem 80. Geburtstag: Helmut Kohl und seine Frau Maike Kohl-Richter kommen an die Eingangstüre ihres Wohnhauses in Ludwigshafen-Oggersheim. Aus gesundheitlichen Gründen feiert der Altkanzler nur im kleinen Kreis privater Gäste. Die offizielle Feier mit großem Bahnhof soll im Mai nachgeholt werden.
Kanzlerreihe: Kohl 1967 mit dem ersten Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer. Er bewunderte "den Alten", profilierte sich innerparteilich aber durchaus mit Kritik am Führungsstil Adenauers.
Spannungsreicher Amtswechsel: Kohl als frischgebackener Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz im Jahr 1969 mit seinem Vorgänger Peter Altmeier. Nach 22 Jahren Regentschaft dankte Altmeier in seiner Abschiedsrede ausdrücklich seinem Chauffeur -Kohl erwähnte er mit keinem einzigen Wort.
Familienidyll: Kohl mit Frau Hannelore und seinen Söhnen Peter und Walter im Jahr 1975 im österreichischen Sankt-Gilgen
Rivalen Kohl und Strauß: Der CSU-Vorsitzende Strauß wollte Kohl nach den Wahlen 1976 nicht als neuen Fraktionschef der Union akzeptieren und kündigte die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU im Bundestag auf
Blumenübergabe: Kohl mit Kanzler Helmut Schmidt auf dem Presseball 1974
Urnengang mit der Familie: Helmut Kohl im Jahr 1976 mit seinen Söhnen auf dem Weg zur Wahl - für Kohl eine Niederlage, Bundeskanzler wurde erneut Helmut Schmidt (SPD).
Von Schmidt zu Kohl: Der durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzte SPD-Kanzler gratuliert seinem Nachfolger 1982 im Bundestag.
Ernster Schwur: Kohl bei seinem ersten Amtseid als Kanzler
Gratulationen an den neuen Kanzler: Kohl umringt von Parteifreunden, nachdem der Bundestag ihn 1982 zum Regierungschef wählte
Bewegende Geste: Frankreichs Staatspräsident Francois Mitterrand und Helmut Kohl reichen sich im September 1984 über den Gräbern von Verdun die Hände.
"Mr. Gorbatchev, tear down this wall!": Kohl mit US-Präsident Ronald Reagan bei dessen berühmter Rede vor dem Brandenburger Tor im Juni 1987
Visite von Honecker: Der DDR-Staatsratsvorsitzende mit Kanzler Kohl 1987 in Bonn
Glückliche Momente: Kanzler Kohl mit Außenminister Hans-Dietrich Genscher, Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Kohls Ehefrau Hannelore am 3. Oktober 1990, dem Tag der Deutschen Wiedervereinigung
Spaziergang im Kanzleramt: Kanzler Kohl mit Russlands Präsident Jelzin
Der "Einheitskanzler" bejubelt von den Massen: Helmut Kohl im Februar 1990 in Erfurt
Händeschütteln in Ostdeutschland: Bundeskanzler Helmut Kohl bei einer Wahlkampfveranstaltung im Februar 1990 in Erfurt
Drei Große umringt: Genscher, Gorbatschow und Kohl im Juli 1990
Kohl mit Angela Merkel: Auf dem Parteitag 1991 präsentierte er die junge Frau aus der Ex-DDR. 14 Jahre später zog auch sie ins Kanzleramt ein.
Ehepaar Kohl mit Hund im Jahr 1990: Der 19. Aufenthalt des Ehepaars am Wolfgangsee
Von Demonstranten mit rohen Eiern beworfen: Kohl im Jahr 1991 bei einem Besuch in Halle
Kohl mit Kohl: Der damalige Kanzler 1998 bei einem Besuch in Büsum in Dithmarschen, einer klassischen Kohlregion
Bild mit Mönch: Kanzler Kohl und Ehefrau Hannelore 1995 während ihres Sommerurlaubs in Österreich
Zurückhaltende Glückwünsche: Kohl gratuliert seinem Nachfolger Gerhard Schröder, nachdem der Bundestag den SPD-Mann 1998 zum Kanzler wählte.
Vertrauter Blick: Helmut Kohl mit seiner Ehefrau Maike Kohl-Richter. Der Altkanzler heiratete seine ehemalige Mitarbeiterin im Jahr 2008.
Alte Weggefährten: Altkanzler Kohl mit Ex-US-Präsident George Bush und Michail Gorbatschow im Oktober 2009 bei einer Feier zum 20. Jahrestag des Mauerfalls
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