Die Lage am Abend Wo ist die Corona-Kanzlerin?

Liebe Leserin, lieber Leser, guten Abend,
im Kampf gegen das Coronavirus haben in Deutschland nun endgültig die Länder die Regie übernommen. Die Bundesregierung wirkt wie abgemeldet, dringt mit ihren (etwas vorsichtigeren) Vorschlägen zur Lockerung der Corona-Beschränkungen nicht mehr durch. Das ist keine gute Entwicklung.

Das Thema des Tages: Corona-Krisenmanager dringend gesucht

Das Diktum der Ministerpräsidenten in den Worten von Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann: "Die Verantwortung liegt jetzt bei den Ministerpräsidenten und Landkreisen." Es seien "keine weiteren Konferenzen geplant, weder von der Bundeskanzlerin noch vom Kollegen Söder". Der Kollege Söder, muss man wissen, ist der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz - ein Gremium, das in einer solchen Krisensituation eigentlich der so wichtigen Koordinierung dient. Vorerst passé.

Deutschlands Corona-Politik zerfasert, jedes Land geht seinen eigenen Weg. Am Ende macht vielleicht jeder Landkreis sein Ding. Solange die Infektionszahlen sinken, mag das gut gehen. Aber was, wenn sie wieder steigen? Wer gibt dann den Krisenmanager? Ziehen dann etwa Deutschlands Landräte in den Kampf gegen ein globales Virus?

Angela Merkel: in der Coronakrise zur Nichtlinien-Kanzlerin

Angela Merkel: in der Coronakrise zur Nichtlinien-Kanzlerin

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Pool/ Getty Images

Bislang scheint es so, als würde sich Angela Merkel in ihr Schicksal fügen, die Entmachtung hinnehmen. Tatsächlich gibt eine Bundeskanzlerin zwar die Richtlinien der Politik vor, aber in Sachen Corona und Infektionsschutz liegt die Macht nun mal faktisch bei den Ländern. Gibt es dort kein Einsehen, dass bestimmte Probleme besser national als regional oder lokal oder mikrolokal gelöst werden, dann kann sie kaum etwas tun. Ein Machtwort, auf das keiner hört, würde sie nur schwach erscheinen lassen. Also schweigt sie. Merkel wird in der Coronakrise zur Nichtlinien-Kanzlerin.

Sein Symbol findet der Machtverlust Merkels im Vorgehen von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. Während sich Merkels Kanzleramtschef Helge Braun noch um eine gemeinsame Linie mit den Staatskanzleien der Länder bemühte, erklärte Ramelow das nahende Ende allgemeiner Corona-Schutzmaßnahmen in seinem Freistaat.

Heute präzisierter der Thüringer, dass man nun "aus dem Krisenmodus in den Regelmodus übergehen" wolle. Glücklicherweise bekräftigte Ramelow zumindest, das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes sei weiter sinnvoll.

Bayerns Regierungschef Söder, der in den vergangenen Monaten Kollegen und Kanzlerin durchaus vor sich herzutreiben wusste, kritisiert nun den "Wettlauf" der Länder. Obwohl er eigentlich überzeugter Föderalist sei, plädiert er jetzt für eine Reform des Infektionsschutzgesetzes. Damit solle der Bund mehr Möglichkeiten bekommen, gesetzliche Vorgaben zu machen.

Das wird aber womöglich erst gegen die vielleicht nächste Pandemie helfen.

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Herzliche Grüße

Sebastian Fischer

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