CDU-Chefin Merkel will die "Ehe für alle" erlauben
Jahrelang war sie dagegen, aber jetzt ist Wahlkampf
Von
Ole Reißmann

Dieser Beitrag wurde am 26.06.2017 auf bento.de veröffentlicht.
Nein. Ehe ist nur zwischen Mann und Frau erlaubt. Das galt viele Jahre lang für die CDU und zumindest offiziell auch für die Parteichefin Angela Merkel. Am Montagabend hat die Bundeskanzlerin ihre Haltung geändert: Merkel schließt die "Ehe für alle" nun nicht mehr aus.
Im CDU-Vorstand (Abendblatt) und in einem Interview mit der "Brigitte" (dpa) plädierte sie für eine "Gewissensentscheidung". Das bedeutet, dass sich die Abgeordneten im Bundestag bei einer Abstimmung nicht wie sonst üblich an die Linie ihrer Fraktion halten müssen.
Vor allem die Spitzen der Union, also von CDU und CSU, haben das Recht auf Ehe für alle bisher abgelehnt. CSU-Chef Horst Seehofer hat seine Ablehnung gerade erst wieder bekräftigt.
Die SPD wollte mit der "Ehe für alle" in den Wahlkampf ziehen.
Aus Rücksicht auf die Union, mit der die SPD zusammen regiert, wurden Abstimmungen über die "Ehe für alle" zuletzt immer wieder hinausgezögert.
Theoretisch hätte die SPD mit den Stimmen der Opposition im Bundestag das Recht auf Ehe bereits allen Bürgern zugestehen können.
Nun will die SPD für das Recht auf Ehe stehen. Die Grünen sowieso. Und jetzt plötzlich fällt Angela Merkel ein: Ach komm, die Abstimmung darüber geben wir frei.
Nicht jetzt, sondern erst nach der Bundestagswahl, sollen die Abgeordneten so abstimmen dürfen, wie es ihnen passt. Die "Ehe für alle" hätte dann eine sichere Mehrheit im Bundestag – auch gegen konservative Teile von CSU und CDU.
Ein Bekenntnis zum gleichen Recht auf Ehe ist das nicht. Nach zwölf Jahren an der Macht, nach zwölf Jahren "Nein", ist es ein "Mir doch egal, Hauptsache, ich gewinne". Das ist traurige Wahlkampf-Taktik.
Das Recht auf Ehe ist natürlich alles andere als traurig. Eine offene Abstimmung wäre ein Triumph. Und schließlich gibt es Parteien, die sich wirklich für Lesben und Schwule interessieren. Nicht erst seit Montagabend.
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